Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 461
Dettelbach (Landkreis Kitzingen, Unterfranken)

Wallfahrtskirche Maria im Sand in Dettelbach (Unterfranken), Teil (3)

Die Wappen des Westportals, Fortsetzung
Über der Paulus-Figur befindet sich das Thüngen-Wappen: In Silber ein (hier) 6x im Wellenschnitt gold-rot gespaltener Balken. In seiner älteren Form zeigt der Schild in Silber einen roten Querbalken, darin drei schrägrechte goldene Wellen. Später wurden daraus nach rechts ausgebogene Pfähle, und in späterer Zeit nahm man es mit der Anzahl der Linien nicht mehr so genau oder tauschte die Farben, meistens wird in Silber ein mehrfach mit rechts oder links ausgebogenen Linien gold-rot gespaltener Balken gezeigt. Hier ist es z. B. ein 6x im Wellenschnitt gold-rot gespaltener Balken. Helmzier ein wachsender Männerrumpf ohne Arme, rot gewandet, eigentlich mit silbernem Kragenaufschlag (fehlt hier), bärtig, mit einem roten Hut, besteckt mit einem Hahnenfederbusch (fehlt hier), Helmdecken rot-silbern.

Das Wappen steht hier für Konrad Friedrich von Thüngen (ca. 1580-3.4.1629), Sohn von Kaspar von Thüngen und Magdalena von Thüngen aus einer anderen Linie. Der Fürstbischof in der Mitte wird von den beiden höchsten Dignitäten des Domkapitels an den Seiten begleitet, vom Dompropst heraldisch rechts und vom Domdekan heraldisch links. Konrad Friedrich von Thüngen begegnet uns hier in seiner Funktion als Würzburger Domdekan. Er wurde am 22.12.1592 Domherr, nachdem eine Präbende durch den Tod des Pankraz von Rabenstein neu vergeben werden konnte. 1604 wurde er Mitglied des Kapitels, 1608 wurde er Cellarius, 1609 Domcustos, und ebenfalls 1609 Landrichter in Franken. 1611 stieg er zum Domdekan (Domdechant) auf, und er blieb es bis 1618. Seine dieser Position entsprechende Wappenanbringung hier paßt zur Bauzeit 1612-1613. Am 28.5.1618 wurde er selber Dompropst als Nachfolger des Johann Gottfried von Aschhausen, der mittlerweile Bischof war. In Bezug auf das Portal kann man salopp sagen: Die Person zum optisch linken Wappen rutschte 1617 in die Mitte, und die Person zum optisch rechten Wappen rückte 1618 nach links nach. Konrad Friedrich von Thüngen war auch Propst am Stift Haug in Würzburg und am ehemaligen Kloster Wechterswinkel. Außerdem war er 1614-1616 Rektor der Würzburger Universität. Er ließ im Würzburger Dom einen Altar zu Ehren der Heiligen Peter und Paul errichten, der posthum vollendet wurde und mit seinen Ahnenwappen geschmückt war. Im Würzburger Dom gibt es ein bronzenes Epitaph für ihn.

Wappen im Kircheninneren: Heraldik im Chor
Auch der Chor ist heraldisch von Interesse: Im Gewölbe sehen wir dieses Wappen von Fürstbischof Lorenz von Bibra (amtierte 1495-1519), es ist geviert, Feld 1: "Fränkischer Rechen" = von Rot und Silber mit drei aufsteigenden Spitzen geteilt, Herzogtum zu Franken, Feld 2 und 3: in Gold ein steigender schwarzer Biber mit geschupptem Schwanz, von Bibra, Feld 4: "Rennfähnlein" = in Blau eine rot-silbern gevierte schräggestellte Standarte mit goldenem Schaft, Hochstift Würzburg. Auf dem gekrönten Helm mit hier rot-goldenen (korrekt wären rot-silberne) Decken wird eine Kombinationshelmzier geführt, wobei die Bibra-Helmzier wegfällt, nämlich ein Paar Büffelhörner, jeweils im Spitzenschnitt rot-silbern geteilt, Herzogtum zu Franken, dazwischen oben drei Straußenfedern in den Farben Rot, Silber und Blau, in die Mündungen der Büffelhörner zwei rot-silbern gevierten Standarten mit goldenem Schaft gesteckt, Hochstift Würzburg.

Die vier umliegenden Schlußsteine des Netzgewölbes tragen die Ahnenprobe. Lorenz von Bibra war der Sohn von Hans von Bibra (-1473) und Margaretha Schenk von Schenkenwald. Seine Großeltern waren väterlicherseits Georg von Bibra (in Gold ein steigender schwarzer Biber mit geschupptem Schwanz) und Sophia Voit von Salzburg (hier farblich falsch, korrekt wäre: in Silber ein schwarzer Zickzackbalken mit 5 Spitzen) sowie mütterlicherseits Peter Schenk von Schenkenwald (hier farblich teilweise nicht korrekt, richtig wäre: fünfmal im Zinnenschnitt geteilt, wobei als Tinkturen alternierend einerseits Gold und andererseits eine silbern-rote mehrfache Schrägteilung benutzt werden) und Agatha Schenk von Schweinsberg (geteilt, oben in Blau ein schreitender goldener Löwe, unten in Silber 4 (3:1) rote Rauten). Die Anordnung ist ungewöhnlich, normalerweise würde man die väterlichen Großeltern optisch links, heraldisch rechts erwarten, und so ist es auch am Turm der Volkacher Stadtpfarrkirche St. Bartholomäus und am Treppenturm der Würzburger Festung, hier ist es umgekehrt.

Ganz ähnlich ist im Gewölbe das Wappen seines Nachfolgers zu finden, dasjenige des Würzburger Fürstbischofs Konrad II. von Thüngen (regierte 1519-1540), geviert, Feld 1: "Fränkischer Rechen" = von Rot und Silber mit drei aufsteigenden Spitzen geteilt, Herzogtum zu Franken, Feld 2 und 3: in Silber ein 5x im Wellenschnitt golden-rot bzw. rot-golden gespaltener Balken, von Thüngen, Feld 4: "Rennfähnlein" = in Blau eine rot-silbern gevierte schräggestellte Standarte mit goldenem Schaft, Hochstift Würzburg. Auf dem gekrönten Helm mit rot-silbernen Decken wird eine Kombinationshelmzier geführt, ein wachsender Männerrumpf ohne Arme, rot gewandet, mit silbernem Kragenaufschlag, bärtig, mit einem roten Hut mit silbernem Aufschlag, besteckt mit einem Hahnenfederbusch, Stammkleinod der von Thüngen, zwischen einem Paar Büffelhörner, jeweils im Spitzenschnitt rot-silbern geteilt, Herzogtum zu Franken, dazwischen oben drei Straußenfedern in den Farben Silber, Blau und Rot, in die Mündungen der Büffelhörner zwei rot-silbern gevierten Standarten mit goldenem Schaft gesteckt, Hochstift Würzburg.

Die vier umliegenden Schlußsteine des Netzgewölbes tragen die Ahnenprobe.Konrad II. von Thüngen war der Sohn von Dietz von Thüngen (-1502), zu Reußenberg und Sodenberg, kurmainzischer und bambergischer Hofmeister, und Anna Truchseß von Wetzhausen. Seine Großeltern waren väterlicherseits Cunz von Thüngen (n Silber ein 5x im Wellenschnitt golden-rot gespaltener Balken) und Gutta von Karben (geteilt, oben in Gold ein aus der Teilung wachsender roter Löwe, unten in Blau eine silberne Lilie, hier farblich teilweise falsch) sowie mütterlicherseits Hans Truchseß von Wetzhausen (in Gold zwei in zwei Reihen silbern-rot geschachte Balken), Amtmann zu Haßfurt, und Barbara von Bibra (in Gold ein steigender schwarzer Biber mit geschupptem Schwanz). Die Anordnung ist wie beim Amtsvorgänger anders herum als erwartet, mit den Großeltern väterlicherseits heraldisch links. Die übliche und erwartete Anordnung finden wir hingegen bei seinem Epitaph im Würzburger Dom.

Heraldik an der Kanzel
Das dritte fürstbischöfliche Wappen befindet sich unten am Kanzelkorb, etwas hinter dem schmiedeeisernen Gitter verborgen. Es ist für den Würzburger Fürstbischof Philipp Adolf von Ehrenberg (regierte 1623-1631) und hier nicht in heraldischen Farben, sondern genau wie die restliche Dekoration der Kanzel in Weiß und Gold gehalten. In korrekten Farben wäre sein Wappen geviert, Feld 1: "Fränkischer Rechen" = von Rot und Silber mit drei aufsteigenden Spitzen geteilt, Herzogtum zu Franken, Feld 2 und 3: in Silber ein roter Adlerflügel, die Saxen nach oben gekehrt, rechts in einen golden geschnäbelten Vogelkopf endend, belegt mit einer goldenen Mondsichel, Stammwappen der von Ehrenberg, Feld 4: "Rennfähnlein" = in Blau eine rot-silbern gevierte, an den beiden senkrechten Seiten je zweimal eingekerbte, schräggestellte Standarte mit goldenem Schaft, Hochstift Würzburg. Dazu werden drei Helme geführt: Helm 1 (Mitte): zu rot-silbernen Decken ein Schaft, oben mit einem Pfauenwedel besteckt, zwischen zwei abgekehrten goldenen Stiefeln, Stammkleinod der von Ehrenberg, Helm 2 (rechts): zu rot-silbernen Decken ein Paar Büffelhörner, jeweils im Spitzenschnitt rot-silbern geteilt, Herzogtum zu Franken, Helm 3 (links): zu rot-silbernen Decken auf einem Turnierhut drei Straußenfedern in den Farben Silber, Rot und Blau zwischen zwei rot-silbern gevierten Standarten mit goldenem Schaft, Hochstift Würzburg. Im Gegensatz zu den beiden Wappen im Gewölbe wird dieses mit dem Krummstab schräglinks und dem gestürzten Schwert schrägrechts hinter dem Schild geführt.

Franziskaner betreuten die Kirche
Neben der Kirche im Norden der Anlage entstand ein Franziskanerkloster nur wenige Jahre nach Errichtung der neuen Kirche. Es ist eine Vierflügelanlage mit Innenhof. Am 1.3.1616 trafen die von Fürstbischof Julius Echter angeforderten Mönche ein, und schon ein Jahr später war die Anlage vollendet, denn das Portal zum Kloster trägt noch sein Wappen, folglich ist von Vollendung vor seinem Tode am 13.9.1617 auszugehen. Das Kloster entwickelte sich gut, hatte sogar bald 24 Brüder, wurde aber jäh zurückgeworfen durch das grausame Wüten der Truppen Gustav Adolfs im 30jährigen Krieg, der 1631 in Dettelbach sein Hauptquartier aufgeschlagen hatte. Nach Abzug der Schweden wagte man wenige Jahre später wieder, das Kloster neu zu beleben. Nach der Säkularisierung verblieben 17 Patres und 7 Brüder im Kloster, 7 andere gingen in die Seelsorge. Später, 1826, kam die Erlaubnis, das Kloster fortbestehen zu lassen, da waren noch Mönche anwesend, so daß die Klostertradition bis zur Auflösung des Klosters 2017 ungebrochen war.

Über dem auf 1617 datierten Portal befindet sich das Julius-Echter-Wappen, es ist geviert, Feld 1: "Fränkischer Rechen" = von Rot und Silber mit drei aufsteigenden Spitzen geteilt, Herzogtum zu Franken, Feld 2 und 3: In Blau ein silberner Schrägbalken, belegt mit drei blauen Ringen. Stammwappen Echter von Mespelbrunn, Feld 4: "Rennfähnlein" = in Blau eine rot-silbern gevierte, an den beiden senkrechten Seiten je zweimal eingekerbte, schräggestellte Standarte mit goldenem Schaft, Hochstift Würzburg.

 

Pfarrei Dettelbach heute
Die Wallfahrtskirche gehört seit 2009 zur Pfarreiengemeinschaft Maria im Sand, zusammen mit der Stadtpfarrkirche St. Augustinus in Dettelbach, St. Jakobus in Brück, St. Nikolaus in Neuses am Berg, Mariä Himmelfahrt, St. Kilian, Kolonat und Totnan in Neusetz, St. Simon und Judas Thaddäus in Bibergau, St. Jakobus d. Ä. in Effeldorf, St. Michael in Euerfeld-Schernau und Mariä Schmerzen in Mainsondheim. Die Räumlichkeiten des ehemaligen Klosters werden als Pfarramt genutzt.

Literatur, Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps: https://www.google.de/maps/@49.8049632,10.1704138,20z - https://www.google.de/maps/@49.8049632,10.1704138,84m/data=!3m1!1e3
Pfarreiengemeinschaft Maria im Sand:
https://pfarreiengemeinschaft-dettelbach.de/ - Wallfahrt: https://pfarreiengemeinschaft-dettelbach.de/wallfahrt
Hugo Schnell, Wallfahrtskirche Maria im Sand Dettelbach am Main, Schnell Kunstführer Nr. 679, Verlag Schnell & Steiner GmbH Regensburg, 10. Auflage 2005
Barbara Schock-Werner, Die Bauten im Fürstbistum Würzburg unter Julius Echter von Mespelbrunn, 536 S., Schnell & Steiner Verlag 2005, ISBN-10: 379541623X, ISBN-13: 978-3795416232, S. 100-132.
Wallfahrtskirche bei Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Wallfahrtskirche_Maria_im_Sand_(Dettelbach)
Wallfahrten Bistum Würzburg:
https://wallfahrt.bistum-wuerzburg.de/wallfahrtsorte/region-kitzingen/dettelbach/
Franziskanerkloster Dettelbach:
https://de.wikipedia.org/wiki/Franziskanerkloster_Dettelbach
Peter Kolb: Die Wappen der Würzburger Fürstbischöfe. Herausgegeben vom Bezirk Unterfranken, Freunde Mainfränkischer Kunst und Geschichte e.V. und Würzburger Diözesangeschichtsverein. Würzburg, 1974, 192 S.
Verwendung der Innenaufnahmen mit freundlicher Erlaubnis von Herrn Mathias Weissmann, Kirchenpfleger der Wallfahrtskirche Dettelbach, vom 3.9..2022, wofür ihm an dieser Stelle herzlich gedankt sei.

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