Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 1679
Graz (Steiermark, Österreich)

Graz, Palais Lengheimb

In Graz gibt es zwei Adelspalais dieses Namens, eines aus der Renaissance in der Bürgergasse, und eines aus dem Barock in der Hans-Sachs-Gasse, und letzteres soll hier vorgestellt werden. Das dreieinhalbgeschossige Palais Lengheimb in der Hans-Sachs-Gasse 3 (Nordwestfassade), an der Ecke zur Hamerlinggasse 1 (Südwestfassade), das nach dem früheren Besitzer in der Zeit von 1689-1719 und Bauherrn Bernhard Graf von Rindsmaul, innerösterreichischer Regimentsrat, auch "Palais Rindsmaul" genannt wird, ist ein eckständiges, repräsentatives Stadtpalais von L-förmigem Grundriß, das um 1680-1690 entstanden ist. 1719 wechselte das Haus den Besitzer und kam an Graf Max Adam von Lengheim (5.2.1669-3.4.1738), k.k. wirklicher Geheimrat, Kämmerer, 1717 Feldmarschall-Leutnant, 1723 innerösterreichischer Hofkriegsrats-Vizepräsident. Seine Mutter war Maria Theresia Gräfin v. Rindsmaul. Die Grafen von Lengheim besaßen das Palais bis 1803.

Das klar und einheitlich gegliederte Palais, das von seinem Stil her vermutlich vom Barockbaumeister Joachim Carlone erbaut wurde, wirkt vor allem durch die wohlproportionierte Fassadengliederung mit alternierenden Segmentbogen- und Dreiecksgiebeln über den Fenstern und durch die toskanischen Doppelpilasterstellungen in den beiden Obergeschossen über dem schlichten, genuteten Erdgeschoß, über denen im obersten Halbgeschoß (Mezzaningeschoß) mächtige, halbkreisförmig vorspringende Schuppen- und Akanthuskonsolen unter dem Dach hervorkragen. Der Stil weist deutliche oberitalienische Einflüsse auf (Comaskenbarock). Kräftige Gurtgesimse trennen die Geschosse voneinander. Man sieht dem Haus heute nur bei genauem Hinsehen an, daß es in der Hamerlinggasse 1860/61 um einen schmalen Trakt von drei Fensterachsen zu einem L-förmigen Komplex verlängert wurde, weil man die barocke Wandgliederung exakt kopierte, bis auf einen wichtigen Unterschied: Die Doppelpilasterstellungen sind ganz rechts in der obigen Abbildung nur einfach, und die Fensterabstände sind geringer. Die gesamte Straßenecke wurde 1944/45 schwer durch Bomben zerstört, und das Palais wurde 1949 vorbildlich wiederhergestellt.

Das Wappen in der barocken Akanthus-Kartusche über dem steinernen Rundbogenportal in der Mitte der Front an der Hans-Sachs-Gasse stimmt nicht mit dem Namen des Hauses überein, denn hierbei handelt es sich um das gemalte Wappen der Freiherren von Königsbrunn, denn 1804-1813 hatte Freiherr Anton von Königsbrunn das Palais besessen. Das Wappen ist geviert, Feld 1 und 4: in Gold auf grünem Hügel ein schwarzer (natürlicher) Sperber (oder Falke, je nach Quelle), Feld 2 und 3: in Rot zwei silberne Schräglinksbalken. Das hier nicht dargestellte Oberwappen bestünde aus zwei Kleinoden, Helm 1 (rechts): auf dem Helm mit schwarz-goldenen Decken ein schwarzer, mit einer goldenen Krone belegter Flügel, Helm 2 (links): auf dem Helm mit rot-silbernen Decken der natürliche Sperber.

Die Freiherren von Königsbrunn hießen früher bürgerlich Primbsch (oder Primsch), sie wurden am 3.5.1642 in Person des Blasius Primbsch aus Bruck an der Mur geadelt und in den rittermäßigen Adelsstand erhoben. Das Wappen lt. Diplom von 1642 hatte nur den zweiten Helm mit dem Sperber. Georg Primbsch, Sohn des Blasius, ehemaliger Stadtrichter und Bürgermeister in Bruck an der Mur, erlangte am 10.9.1685 eine Bestätigung des rittermäßigen Adels mit Hinzufügung des Prädikats "von Königsbrunn". Und Johann Franz Primbsch von Königsbrunn erlangte am 13.8.1716 den Freiherrenstand, und seitdem wurde der Stammname "Primbsch" weggelassen und das Wappen mit zwei Helmen geführt. Das Wappen wird beschrieben im Siebmacher Band: NÖ1 Seite: 241 Tafel: 122, Band: Mä Seite: 60 Tafel: 45 und im Band Görz. Im Siebmacher wird auch eine weitere Variante des freiherrlichen Wappens erwähnt, bei der Feld 4 abweichend in Gold einen schwarzen, mit einer goldenen Krone belegten Adlerflügel enthält.

Literatur, Quellen und Links:
Siebmachers Wappenbücher wie oben angegeben
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
Herwig Ebner, Burgen und Schlösser Graz, Leibnitz, Weststeiermark, 1967, 204 Seiten, ISBN-10: 3850300285, ISBN-13: 978-3850300285
Dehio-Handbuch, Die Kunstdenkmäler Österreichs, Graz, von Horst Schweigert, Verlag Schroll, Wien 1979
Informationstafel am Bauwerk.
Palais Lengheimb:
http://www.burgen-austria.com/Archiv.asp?Artikel=Graz%20-%20Palais%20Lengheim%20%28Rindsmaul%29
Palais Lengheimb:
http://de.wikipedia.org/wiki/Palais_Lengheimb_%28Hans-Sachs-Gasse%29
Die Kunstdenkmäler der Stadt Graz, die Profanbauten des 1. Bezirkes (Altstadt), 1997, 712 Seiten, Verlag: F. Berger, ISBN-10: 3850284379, ISBN-13: 978-3850284370
Königsbrunn:
http://www.zeno.org/Pierer-1857/A/K%C3%B6nigsbrunn

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