Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 1828
Gundelsheim (Landkreis Heilbronn)

Schloß Horneck, Deutschmeister-Grabdenkmäler (Gipsabgüsse)

Im Tordurchgang zum inneren Hof des Schlosses befinden sich an den Wänden Gipsabgüsse von ehemals in der Schloßkapelle aufgestellten Epitaphien von Ordensrittern, die einst auch in Gundelsheim bestattet worden waren. Qualitativ sind sie natürlich nicht mit den Originalen zu vergleichen, auch bröckelt an vielen Stellen die Farbe ab und legt den weißen Gipskörper darunter frei, und die Kopien sind insbesondere im unteren Teil durch Salze stark beschädigt. Dennoch zeugen sie von Meisterwerken der spätgotischen Funeralkunst. Diese Grabsteine haben beachtliche Dimensionen, sie sind ca. 1.20 m breit und 3 m hoch, und sie sind von sehr großer plastischer Tiefe. Sie wirken einerseits einheitlich, vor allem wegen der Darstellung der Ordensritter: Die Figuren sind überlebensgroß und barhäuptig, sie stehen alle aufrecht und blicken den Betrachter frontal an. Alle sind sie in den Ordensmantel gekleidet, ein um die Schultern gelegter Umhang, der auf der Brust mit zwei Querschnüren zusammengehalten wird und auf der linken Schulter das Ordenskreuz zeigt. Die Hände sind zusammengelegt, in verschiedener Höhe des Körpers, mehrere Ritter haben die Handflächen zum Gebet nach oben aneinandergelegt. Bei allen findet sich ein aus den Händen herabfallender Rosenkranz. Und andererseits sind die Steine sehr individuell geformt und gehen alle sehr unterschiedlich mit der plastischen Gestaltung des Rahmens um die Figur herum um. Insgesamt waren es einmal sechs Epitaphien, aber hier sind nur vier Abgüsse im Torweg in seitlichen Wandnischen.

Doch warum Abgüsse und keine Originale? Die Originale befinden sich heute in der Kapelle der Burg Busau (Bouzov) in der mährischen Gemeinde Bouzov (Tschechische Republik) über dem Tal der Trebuvka, welche 1696 vom Orden gekauft worden war. Was wir heute dort als Burg sehen können, ist jedoch ein Werk des Historismus, denn Hochmeister Erzherzog Eugen von Österreich ließ die in der Renaissance zum Schloß umgebaute Burg 1896-1901 nach den Plänen des Münchner Architekten Georg von Hauberrisser zum Märchenschloß als Sommerresidenz umbauen. Inmitten all der Neugotik gehören die dorthin verbrachten Hornecker Epitaphien zu dem wenigen Echten. Wie kamen nun die tonnenschweren Steine nach Busau und warum? Horneck ging nach der Auflösung des Deutschen Ordens in privates Eigentum über. Man versuchte hier alles Mögliche, richtete ein Sanatorium, eine Brauerei und eine Kneipp-Kuranstalt ein, doch der Unternehmer Friedrich Trump erlitt damit finanziell Schiffbruch. 1896 ging er pleite und versuchte, aus allem Geld zu machen, was nicht niet- und nagelfest war. So verkaufte er auch diese Epitaphien an Eugen von Habsburg, der alles aufkaufte, was er zur Einrichtung seines tschechischen Neuschwansteins gebrauchen konnte, immerhin gab es 3000 Goldmark dafür, damals ein sehr hoher Preis. Da ein Zurückkauf der Epitaphien, die wegen der finanziellen Misere des Friedrich Trump so weit dislociert wurden, nicht denkbar war, entschloß man sich, wenigstens durch Gipsabgüsse an diese einst in der Burgkapelle aufgestellten Meisterwerke zu erinnern.

 
Dieses Epitaph ist für Eberhard v. Stetten, der 1443-1447 Deutschmeister war. Innerhalb des Rahmenwerks aus gebündelten, in den oberen Ecken gekreuzten Rippen ist über dem Haupt des auf einem Löwen stehenden Verstorbenen ein Eselsrückenbogen mit zentraler Kreuzblume und mit Krabben einbeschrieben. An den Ausgangspunkten des Bogens sind zwei nach innen geneigte Wappenschilde angebracht, deren zugehörige Helme in den Zwickeln zu sehen sind. Entlang des Eselsrückenbogens ist dazwischen ein Inschriftenband angebracht mit dem Wortlaut: "an(n)o d(o)m(ini) m.cccc.xLvij (=1447)". Der Name des Verstorbenen wird auf dem Epitaph nicht angegeben. Auf der heraldisch rechten Seite ist das Wappen des Deutschen Ordens, in Silber ein durchgehendes schwarzes Kreuz, auf dem Helm mit schwarz-silbernen Decken ein silberner Flug, beiderseits belegt mit einem durchgehenden schwarzen Kreuz. Auf der heraldisch linken Seite ist das Wappen der von Stetten, in Silber 3 (2:1) rechtsgewandte, gestielte, rote Beile, auf dem Helm mit rot-silbernen Decken eine wachsende, rot gewandete Frauengestalt, die in jeder der erhobenen Hände ein Beil hält, die Schneiden auswärts gekehrt (Farbvarianten werden in der Literatur beschrieben).

 
Dieses Epitaph ist für Johann Adelmann von Adelmannsfelden, Deutschmeister 1510-1515. Dieses Epitaph ist stilistisch am Übergang von der Spätgotik zur Renaissance. Der Aufbau, die Umrahmung mit dem Stabwerk, die Anordnung der Inschrift gehören zur eher konventionellen Formensprache, während der obere Abschluß der Platte neue Formen in die Komposition einbringt wie zwei geflügelte nackte Engelchen als Schildhalter. In das Astwerk des oberen Abschlusses sind zwei menschliche Figuren eingefügt, optisch links ein Geharnischter, auf der anderen Seite ein wilder Mann mit langem Zottelbart und ebensolchem Haar und mit geschulterter Keule. Die Inschrift lautet: "Anno domini jm 15.... und 15. Jahr am XVII Tag des monats Februarij Ist der hochwirdig Fürst und Her Her Johann adelmann teutschmeister verschiden. Dem got genad". Über dem Kopf befindet sich das Wappen des Deutschmeisters, es ist geviert, Feld 1 und 4: in Silber ein durchgehendes schwarzes Kreuz (Deutscher Orden), Feld 2 und 3: in Silber ein rot gekrönter und ebenso bewehrter blauer Löwe (Adelmann von Adelmannsfelden). Zwei Helme: Helm 1 (rechts): auf dem Helm mit schwarz-silbernen Decken ein silberner Flug, beiderseits belegt mit einem schwarzen Kreuz (Deutscher Orden), Helm 2 (links): auf dem Helm mit blau-silbernen Decken ein halbes goldenes Sieb, an den beiden Enden (Schnittkanten) mit schwarzen Hahnenfedern besteckt (Adelmann von Adelmannsfelden). Das Familienwappen wird beschrieben im Siebmacher Band: Wü Seite: 1 Tafel: 1 und abgebildet im Scheiblerschen Wappenbuch auf Folio 227. Ein identischer Abguß steht in der Schloßkirche Hohenstadt (siehe dort), wo die Familie seit 1530 auf dem dortigen Schloß wohnt.

 
Dieses Epitaph ist für Hartmann v. Stockheim, Deutschmeister 1499-1510. Er war zuvor Komtur in Kapfenberg und 1492-1499 Komtur auf Burg Horneck. Der untere Teil des Epitaphs ist schlicht und aufgrund der Zerstörungen an der Farbschicht auf dem Gips nicht besonders ansehnlich. Der obere Teil ist von einer überladenen, verwirrenden spätgotischen Formenfülle, in der sich die einzelnen Formen in ihrer Dynamik gegenseitig ausbremsen und eigentlich nur noch als ornamentartige Flächenfüllung von großer Schwere wahrgenommen werden. Die schlecht leserliche Umschrift in geschnörkelten gotischen Minuskeln lautet: "anno domini MVX am XXIII Tag Januarii ist der hochwürdig Firste und Herr Her Hartmann von Stockheim Meister Teutsch Ordens in Deutsch & welischen Landen mit Dodt verscheiden. Dem Gott gnedig und barmherzig sey. Amen. Über dem Kopf befindet sich das Wappen des Deutschmeisters, es ist geviert, Feld 1 und 4: in Silber ein durchgehendes schwarzes Kreuz (Deutscher Orden), Feld 2 und 3: mit drei Spitzen golden-schwarz geteilt (v. Stockheim). Zwei Helme: Helm 1 (rechts): auf dem Helm mit schwarz-silbernen Decken ein silberner Flug, beiderseits belegt mit einem schwarzen Kreuz (Deutscher Orden), Helm 2 (links): auf dem Helm mit schwarz-goldenen Decken ein Flug, beiderseits mit drei Spitzen golden-schwarz geteilt (v. Stockheim). Das Wappen der hessisch-rheinischen Familie v. Stockheim wird beschrieben im Alberti S. 775, im Zobel Tafel 333 sowie im Siebmacher Band: NaA Seite: 11 Tafel: 15, wo weitere Varianten der Helmzier beschrieben werden (Büffelhörner, Gupf, alle wie der Schild geteilt). Sie haben nichts zu tun mit dem gleichnamigen Geschlecht, welches in Nieder-Olm, in Bibergau und in Eltville saß und durch Erbheirat an die Nippenburgschen Güter kam. Beide Familien werden jedoch bei Kneschke vermengt. In der Galerie der Deutschmeister im Deutschordensschloß Bad Mergentheim ist übrigens statt Schwarz fälschlicherweise Blau genommen worden.

 
Dieses Epitaph ist für Eberhard von Seinsheim, Deutschmeister 1420-1443. Bevor er dieses Amt übernahm, war er 1419-1420 Komtur in Heilbronn. Künstlerisch ist es eines der besten der Serie, und die plastische Durchdringung des Raumes ist einzigartig. Die auf einem Tier stehende Figur des Deutschmeisters steht in einer tiefen Nische, vor der durch zwei seitliche, frei herausgearbeitete dünne Stäbe, die oben in Fialen auslaufen und die mit einem Eselsrückenbogen mit Fiale dazwischen verbunden sind, quasi ein Gitter aufgespannt wird, das durch zwei weitere Bögen mit dem äußeren Rand verbunden ist. Die Inschrift in gotischen Minuskeln liegt tief auf dem seitlichen Nischenhintergrund und lautet: "anno domini m.CCCC.XLIII divisionis apostolorum obiit venerabilis frater Eberhardus de Saunßheim praeceptor alomnie cujus anima requiescat in pace amen". Der Deutschmeister wird hier Saunßheim genannt, die Familie ist besser bekannt unter der Schreibweise v. Seinsheim.

Eberhard von Seinsheim war der Sohn von Heinrich von Seinsheim zu Gnötzheim und dessen Frau Margarete von Rosenberg. Das Stammwappen der von Seinsheim sehen wir optisch links am Rand der Nische. Der Schild ist mehrfach silbern-blau gespalten, wobei die Seinsheimer in der Regel 5 Spaltungen benutzen (am Epitaph nur vier zu sehen). Die Seinsheimer führten einen wachsenden Mannesrumpf, wobei er im Scheiblerschen Wappenbuch bereits an Gewand und Hut wie der Schild mehrfach blau-silbern gespalten ist, auf einem Aufschwörschild von Ludwig von Seinsheim in der Nürnberger ehem. Deutschordenskirche St. Jacob aber ganz rot mit silbernen Aufschlägen zu rot-silbernen Decken ist.

Über dem Kopf sehen wir einen Wappenschild mit dem Hochmeisterkreuz, in Silber ein schwarzes durchgehendes Kreuz, belegt mit einem goldenen Glevenkreuz (Lilienkreuz), das Ganze in der Mitte belegt mit einem Herzschild, der in Gold den schwarzen Reichsadler zeigt. Warum führt hier der Deutschmeister das Hochmeisterkreuz, welches ihm eigentlich gar nicht zustand, sondern ausschließlich dem Hochmeister? Immerhin hat er nicht, wie es ein Hochmeister durfte, seinen Schild mit dem Hochmeisterkreuz quadriert, sondern das Hochmeisterkreuz hier nur als zweiten, aber an bester Position angebrachten Schild verwendet. Hintergrund für diese Anmaßung, ja Usurpation, ist ein Streit zwischen Eberhard von Seinsheim als Deutschmeister und dem 1422-1441 amtierenden Hochmeister Paul von Rusdorf. Ersterer war ein äußerst fähiger Deutschmeister, der sehr viel für den Aufbau einer eigenen Landeshoheit des Deutschen Ordens getan hat, der den Besitz vermehrt, konsolidiert und rechtlich abgesichert hat, der ein strukturiertes Abgabensystem für die Balleien einführte und der 1420 Horneck zur Verwaltungszentrale des Territorialbesitzes gemacht hatte und die Burg umgebaut hatte. Dadurch ergaben sich Konflikte hinsichtlich der Kompetenzen und Befugnisse zwischen Deutschmeister und Hochmeister, zwischen den Bedürfnissen in Deutschland einerseits und denen in den Ostgebieten andererseits. Eberhard von Seinsheim erklärte schließlich 1439 die Regierung des Paul von Rusdorf für unzulänglich und den in seinen Augen unfähigen und untragbaren Hochmeister für abgesetzt, wobei er sich auf die sog. "Orselnschen Statuten" berief (die freilich eine Fälschung waren). Er erklärte sich selbst anstelle des Paul von Rusdorf zum Statthalter des Hochmeisteramtes. Und deshalb führt er hier streng genommen unrechtmäßig den Hochmeisterschild! Kaiser Sigismund, die Reichsfürsten und das Basler Konzil ergriffen jedoch Partei für Eberhard. Paul von Rusdorf hingegen erklärte seinerseits Eberhard für abgesetzt, aber als er sah, daß er zwar im Recht war, de facto aber keine Macht mehr dazu hatte, weil der Konvent ebenfalls nicht mitzog, resignierte er am 2.1.1441. Er starb eine Woche später in der Marienburg. Von seinem Nachfolger im Amt des Hochmeisters wurden die "Orselnschen Statuten" anerkannt.

Der letzte eigenständige Deutschmeister auf Schloß Horneck war Dietrich von Cleen, der 1515-1526 amtierte und den Sturm der Bauern auf Horneck miterlebte. 1525 wurden beide Ämter unter Walter von Cronberg zusammengelegt, so daß das Problem aus der Welt war. Fortan gab es nur noch einen Deutsch- und Hochmeister.

Literatur, Links und Quellen:
Siebmachers Wappenbücher wie angegeben
Schloß Horneck:
http://de.wikipedia.org/wiki/Schloss_Horneck
Hartmann, Beschreibung des Oberamts Neckarsulm: mit fünf Tabellen, einer historisch kolorirten Karte des Oberamts und drei lithographirten Ansichten, Stuttgart, 1881- online:
http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/oab_neckarsulm1881, darin Schloß Horneck ab S. 382: http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/oab_neckarsulm1881/0407/scroll?sid=ebf73de8d9665562c766b7f75496e57b
Schloß Horneck bei der Residenzen-Kommission:
http://resikom.adw-goettingen.gwdg.de/artikel.php?ArtikelID=310
Liste der Komture:
http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Deutschordenskomture_auf_Schloss_Horneck - http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/oab_neckarsulm1881/0408
Bernhard Demel, der Deutsche Orden und die Stadt Gundelsheim, Gundelsheim 1981
Liste der Deutschmeister:
http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Deutschmeister
Burg Bouzov:
http://de.wikipedia.org/wiki/Burg_Bouzov
Verein Kulturetta:
www.kulturetta.de
Stetten:
http://de.wikipedia.org/wiki/Stetten_%28Adelsgeschlecht%29
Stetten: Otto Hupp, Münchener Kalender 1913, Verlagsanstalt München/Regensburg 1913
Carl August Lückerath, Eberhard von Saunsheim, in: Neue Deutsche Biographie 22 (2005), S. 464-465, online:
http://www.deutsche-biographie.de/pnd139579206.html - http://www.deutsche-biographie.de/xsfz110311.html
Paul von Rusdorf:
http://de.wikipedia.org/wiki/Paul_von_Rusdorf
Karl Lohmeyer, Paul von Rusdorf, in: Allgemeine Deutsche Biographie, hrsg. von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 30 (1890), S. 11-13, online:
http://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Paul_von_Rusdorf&oldid=1695056

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