Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2005
Würzburg - ein heraldischer Leckerbissen

Das Deutschhaus im Würzburger Mainviertel

Die Würzburger Deutschordensniederlassung befindet sich linksmainisch in der Zeller Straße, im Mainviertel unterhalb der Festung Marienberg. Sie besteht aus einem sich in West-Ost-Richtung erstreckenden Kommendenbau und einer daran anschließenden, im Grundriß leicht nach Norden abgewinkelten Deutschordenskirche. An der Nahtstelle zwischen beiden Gebäuden befindet sich der Kirchturm, und unter dem ersten Teil der Kirche führt die Straße "Schottenanger" unter der Kirche hindurch - das ist das Ergebnis eines 1288 geschlossenen Kompromisses zwischen dem Orden und der Stadt Würzburg, die eine nutzbare Verbindung zwischen Stadtbereich und Schottenkloster brauchte. Nach dieser Deutschordensniederlassung ist das gegenüberliegende, 1975 eröffnete Deutschhaus-Gymnasium benannt.

Die Deutschordensniederlassung in Würzburg bestand von 1219 bis zur Säkularisation am 20.11.1805. Der Bischof von Würzburg, Otto von Lobdeburg, hatte am 19.11.1219 einen einstigen Königshof dem Deutschen Orden als Stiftung übertragen. Weitere Schenkungen vergrößerten den Besitz, und ca. 1224-1231 wurden eine erste Kommende gegründet und eine 1226 urkundlich erwähnte Marienkapelle errichtet, der 1272 eine neue Kirche zur Seite gestellt wurde. Diese erste Kommende nahm noch keine sozialen Aufgaben wahr. Die Niederlassung wuchs weiter und erwarb noch im Laufe des 13. Jh. durch Kauf oder Schenkung das Patronat über die Kapelle in Bibelried, die Pfarrei Detwang, Grundbesitz in Oberpleichfeld und Waigolshausen sowie ein Haus am Würzburger Fischmarkt. Im 14. Jh. kamen an Besitzungen die Pfarrei Windsheim und die Kaplanei Hohenfeld hinzu. Die Kommende hatte dazu noch Rechte in Bergrheinfeld, Ippesheim, Kleinlangheim, Lipprichshausen und Mainstockheim.

In der Deutschordensstruktur gehörte die Würzburger Niederlassung zur Ballei Franken, die außer der Zentrale in Ellingen (Landkommende) und der Kommende in Würzburg noch folgende weitere Kommenden organisatorisch umfaßte: Archshofen, Aichach/Blumenthal, Donauwörth, Gangkofen, Giengen, Heilbronn, Horneck, Hüttenheim, Kapfenburg, Kloppenheim (Stadt Karben), Lauterbach, Mainz, Mergentheim, Messingen, Mühlhausen, Münnerstadt, Neubrunn, Nürnberg, Oettingen, Stadtprozelten, Regensburg, Rothenburg ob der Tauber, Sachsenhausen (Frankfurt), Schweinfurt, Speyer, Stocksberg, Ulm, Weißenburg, Winnenden, Wolframseschenbach und Virnsberg.

1525 wurde die Kommende im Zuge des Bauernkrieges geplündert. Die wirtschaftliche Grundlage der Kommende war im 16. Jh. eher schwach, so daß die Kommende ab 1543 vom Landkomtur selbst zwecks Neuordnung der Verhältnisse verwaltet wurde. Weitere Zerstörungen und Plünderungen gab es im 30jährigen Krieg. Ein kompletter Neubau der Kommende entstand 1694 im barocken Stil. Damit ergäbe sich an Möglichkeiten zur heraldischen Repräsentation jeweils das Wappen des amtierenden Hochmeisters, des amtierenden Landkomturs sowie des lokalen Komturs, wobei hier in Würzburg nur der Landkomtur Adam Maximilian Freiherr von Ow (amtierte 1691-1702) mit seinem Wappen vertreten ist, der gleichzeitig Komtur der Würzburger Niederlassung war.

Dieser Landkomtur, der auch einmal Komtur auf Burg Horneck war, war einst als Deutschordensritter und Komtur zu Heilbronn in eine etwas unselige Geschichte geraten, er war 1689 während der Evakuierung der Stadt Heilbronn durch die französischen Truppen gefangengenommen worden, zusammen mit Maximilian Rudolf von Westernach, Trappier zu Mergentheim. Hochmeister Ludwig Anton von Pfalz-Neuburg löste damals die Deutschordensritter und anderen Geiseln aus Neckarsulm gegen die Zahlung von 20.000 Gulden aus. Adam Maximilian Freiherr von Ow war ferner 1688/89 Mitglied einer päpstlichen und kaiserlichen Kommission zur Schlichtung der Auseinandersetzungen zwischen Bischof Johann Gottfried und dem Domkapitel zu Würzburg.

Das von zwei Putten gehaltene Wappen für Adam Maximilian Freiherr von Ow ist geviert, Feld 1 und 4: in Silber ein durchgehendes schwarzes Kreuz (Deutscher Orden), Feld 2 und 3: von Gold und Blau geteilt, oben ein hier nach links schreitender roter Löwe (von Ow), alles unterlegt von einem silbernen Rückschild mit dem Deutschordenskreuz, auf dem Helm mit rot-goldenen Decken ein rotes, golden bequastetes Kissen, darauf die obere Hälfte eines silbernen Rades mit fünf Speichen, oben besteckt mit je fünf schwarzen Hahnenfedern über jeder Speiche. Im Aufbau folgt dieses Wappen dem typischen Schema für Landkomture mit mehrfachem Vorkommen des Deutschordenskreuzes, einmal im gevierten Schild und einmal als Rückschild. Bei der Helmzier ist das Kissen in Sandstein, das halbe Rad aber in Metall ausgeführt. Die Wendung der Löwen nach links hat vermutlich seinen Grund in der baulichen Situation: Das Wappen befindet sich in einer Ecke der Bebauung, und der Besucher nähert sich von heraldisch links, somit würden sich die beiden Löwen dem Besucher zuwenden anstatt ins Eck zu gucken.

 

Das Familienwappen der von Ow wird beschrieben in Siebmachers Wappenwerk, Band Bad Seite: 65 Tafel: 39, Band Bay Seite: 49 Tafel: 50, Band Wü Seite: 10 Tafel: 12 und im Alberti S. 581-582. Im Scheiblerschen Wappenbuch wird es auf Folio 432 wiedergegeben, allerdings in einer Form mit fälschlicherweise und regelwidrig vertauschten Feldfarben, dort ist es geteilt, oben in Blau ein schreitender, hersehender roter Löwe (Leopard), unten ledig und golden, auf dem Helm mit rot-goldenen Decken ein halbes silbernes Rad (Wagenrad), die fünf auswärts stehenden Speichen je mit einem schwarzen Hahnenfederbusch besteckt.

Dieses Wappen ist korrekt und gut, ganz im Gegensatz zur Deutschordenskommende Münnerstadt, wo eine peinliche Restaurierungspanne passiert ist. Dort war über dem Tor das Wappen des gleichen Landkomturs angebracht. Es ging im Zweiten Weltkrieg verloren, erst baute man den Torgiebel ohne Wappen auf, später ergänzte man das Wappen im Giebel, aber ohne Rücksicht auf tatsächliche Inhalte, wie sie auf historischen Photos dokumentiert sind. Man gab sich wohl keine Mühe, die korrekten Inhalte zu erforschen. Es wurde leider ein inhaltlicher Mißgriff, und jetzt muß Münnerstadt damit leben, daß es anstelle der beiden Löwen zwei geriffelte Muscheln an dieser exponierten Stelle hat. Vielleicht reist einer der Verantwortlichen mal nach Würzburg und schaut es sich hier an, wie es sein soll.

aus der Liste der Landkomture der Ballei Franken:
Wilhelm von Neuhausen, gest. 1537
Eberhard von Ehingen, 1543-1549
Wilhelm von Lochinger, 1555-1558
Heinrich von Bobenhausen, 1558-1565
Georg Hundt von Wenkheim, 1566
Volprecht von Schwalbach, 1569-1602
Johann Konrad Schutzbar gen. Milchling, 1606-1612
Johann Eustachius von Westernach auf Kronburg, 1618-1624
Karl Freiherr von Wolkenstein, Herr zu Trostburg, gest. 1626
Gebhardt von Nenningen, 1627-1633
Georg Wilhelm von Elkertshausen, gen. Klüppel, 1638-1654
Johann Konrad von Lichtenstein, 1655-1656
Johann Adolf Lösch Freiherr von und zu Hilgertshausen auf Wolfersdorf, 1658-1663
Philipp Freiherr von Gravenegg, 1664-1468
Johann Ludwig von Roggenbach, 1669-1682
Johann Wilhelm von Zocha auf Wald, 1682-1690
Adam Maximilian Freiherr von Ow auf Hierlingen und Sternegg, 1691-1702
Philipp Benedikt Forstmeister von Gelnhausen, 1702-1716
Karl Heinrich Freiherr von Hornstein, 1718-1743, gest. 1745
Franz Sigismund Friedrich Graf von Satzenhofen, 1744-1748
Friedrich Carl Freiherr von Eyb, 1749-1764
Franz Sigismund Adalbert Freiherr von Lehrbach, 1765-1787

Literatur, Links und Quellen:
Jörg Seiler, Der Deutsche Orden in Frankfurt, Marburg 2003
Personen und Strukturen des Deutschen Ordens:
http://www.damian-hungs.de/Kommenden%20des%20Deutschen%20Ordens.pdf
Dieter J. Weiss, die Geschichte der Deutschordens-Ballei Franken im Mittelalter, Neustadt 1991
Ada Stutzel, auf den Spuren des Deutschen Ordens in Franken, Erfurt 2006
von Ow:
http://de.wikipedia.org/wiki/Ow_%28Adelsgeschlecht%29
Gerhard Faix, von Ow, in: Neue Deutsche Biographie, Band 19, Duncker & Humblot, Berlin 1999, ISBN 3-428-00200-8, S. 730 f. online:
http://www.deutsche-biographie.de/xsfz74339.html

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