Bernhard
Peter
Gute
heraldische Praxis: Helmdecken (1)
Was
ist eine Helmdecke?
Eine
Helmdecke ist ein Tuch,
das auf dem Helm aufliegt und nach hinten bzw. zu den Seiten
herabfällt. Jedes Vollwappen hat eine Helmdecke, einzige
Ausnahmen sind die allerfrühesten Formen von Wappen.
Helmdecken
waren ursprünglich ein Sonnenschutz. Wer schon mal in der
Mittelalterszene aktiv war und an einem heißen Sommertag
Rüstung trug, weiß genau, wie die Sonne auf blankes
Metall
brennen kann und welchen Wärmestau man schon unter einem
einfachen Kettenhemd hat, und wie viel mehr man unter einem
metallenen Helm schwitzt. Schon ab Verwendung des Kübelhelmes
wurden sie zur Regel.
Eigenschaften
einer Helmdecke und ihre Darstellung
Die Form
der Helmdecke ist der
Gestaltung des Zeichners überlassen. Sie kann prinzipiell
individuell dargestellt werden. Sie zeigt i.d.R. die Hauptfarben
des Wappens (Metall und Farbe). Die Farben der Helmdecke kann in
der Mitte wechseln, d. h. die linke Seite hat eine andere
Farbkomposition als die rechte Seite. Allerdings sollte wie beim
Wappenschild die Farbigkeit so einfach und klar wie möglich
sein. Die Farben der Helmdecke sind fester Bestandteil des
Wappens und gelten als bedeutungstragend wie andere zu
blasonierende Wappeninhalte, sie werden stets beim Blasonieren
angegeben und sind bindend - der Künstler kann weder die
Farben
austauschen noch Innen- und Außenseite vertauschen (vgl. dazu
auch weiter unten). Sie soll gut am Helm sitzen. Die Helmdecke
kann sich übergangslos aus einer geeigneten Helmzier ergeben,
insbesondere bei wachsenden Figuren (Rümpfe von Tieren und
Menschen).
Wo
gehören die Helmdecken hin?
Sie
gehören auf den Helm
gelegt und nach hinten und zu beiden Seiten herabfallend.
Helmdecken gehen stets vom Kopf des Helmes aus, nie vom Hals o.
ä. Sie gehören unter die Helmzier, unter eine ggf.
vorhandene
Rangkrone und unter einen ggf. vorhandenen Helmwulst und unter
ein ggf. vorhandenes Kissen. Über dem Sehschlitz des Helmes,
also nach vorne unter dem Wulst / der Krone / dem Kissen / der
direkt auf den Helm gesetzten Helmzier ein kurzes Stückchen
Decke sehen zu lassen, welches aber nicht nenneswert den
Sehschlitz verdeckt, ist guter darstellerischer Stil.
Helmdecken, die nur im Nacken sitzen,
sind
falsch. Helmdecken, die
an der
Schulterpartie ihren Ausgang nehmen, sind falsch. Eine Helmdecke,
die am Helmhals befestigt ist, ist ebenfalls falsch dargestellt.
Helmdecken heißen so, weil sie primär den Helm
abdecken. Sonst
hießen sie nämlich Schulterdecken oder Halsdecken,
und da es
die nicht in der Heraldik gibt, sind solche Darstellungen
logischerweise unrichtig. Helmdecken liegen zuallererst dem
Helmdach auf und fallen dann in unterschiedlichem Ausmaß zu
den
Seiten herab. Helmdecken,
die einfach
hinter dem Schild hervorkommen, ohne einen nachvollziehbaren
Ursprung auf dem Helm zu haben, sind falsch. Helmdecken, deren
hinter dem Schild hervorkommende Elemente keine Verbindung zu der
auf dem Helm befindlichen Decke haben, sind falsch. Eine
Helmdecke ist ein zusammenhängendes Tuch. Gerade in der
Verfallszeit der Heraldik begegnet man solcherart
fehlerbehafteten Konstrukten häufig, und auch heute schrecken
entwurfsmotivierte Anfänger nicht vor solch abenteuerlichen
Konstrukten zurück.
Formen einer Helmdecke:
So
funktional, schlicht und
einfach waren die Helmdecken in frühen heraldischen
Darstellungen:
(Wappenstein aus Obernburg, Landkreis Miltenberg).
Stilistische
Einheit:
Entsprechend
sollte der Stil
der Helmdecke zum Helm selbst passen:
Material
der Helmdecken
Das
Material ist in der Regel
Stoff. Helmdecken sind entstanden aus einem Tuch, und selbst in
der komplexesten gezaddelten Form lassen sie sich immer noch
zurückführen auf ein zwar vielfältig
eingeschnittenes, aber
immer noch flächig ausbreitbares Tuch. Eine Helmdecke ist
nicht
ein unkontrolliertes lineares Arabesken- oder Rankenwerk. Es
verstößt auch gegen die Regeln, eine Helmdecke durch
Laubgewinde oder Blumenkränze zu ersetzen.
Keine
Regel ohne Ausnahme:
Es gibt
historische Beispiele,
wo eine Helmdecke wegfällt (Verstoß gegen die Regel,
daß jedes
Vollwappen eine Helmdecke hat) und stattdessen durch wucherndes
Haar ersetzt wird (Verstoß gegen die Regel, daß der
Sonnenschutz des Helmes textiler Natur ist). Eine solche Helmzier
führen die Landschad von Steinach, nämlich ein
Davidshaupt,
dessen wucherndes Bart- und Haupthaar auf Darstellungen des
16.-17. Jh. die Helmdecke komplett überflüssig macht.
Ungewöhnlich, aber historisch in genügend Beispielen
auf
Epitaphien belegt.
Bildbeispiel: Neckarsteinach, Hinterburg - wallendes Haar statt Helmdecke
Ein zweites historisches Beispiel für wallendes Haar statt Helmdecke ist das Wappen der von Utenheim oder Uttenheim bzw. Matzenheim, oder Kloett zu Uttenheim und Matzenheim, einer elsässischen Familie, die im schwarzen Schild einen goldenen Schrägrechtsbalken führen und dazu als Helmzier das Haupt eines wilden Mannes oder Riesen mit langen, wallenden Haaren, die praktisch als Helmdecken benutzt werden. Im Siebmacher ist das Wappen im Band Els., Seite: 13, Tafel: 15 zu finden. Die Familie gehört zu den Patriziergeschlechtern der Stadt Straßburg. Das Wappen ist auch im Rietstap verzeichnet.
Keine Ausnahme, sondern ganz einfach falsch ist das ersatzlose Weglassen von Helmdecken. Eine Helmzier, mit oder ohne Wulst oder Krone, auf das nackte, blanke Helmdach zu setzen, ist ein heraldischer Fehler. Das oben gezeigte schlechte Beispiel zeigt eindringlich die dadurch entstehende gestalterische Leere und verlorengegangene kompositorische Kohärenz (Abb.: Exlibris von unbekanntem Künstler für Karl Graf von Zinzendorf und Pottendorf (5.1.1739 - 5.1.1813), Erzkommendator (Landkomtur) der Ballei Österreich des Deutschen Ordens).
Form
der Helmdecken
Die
Helmdecken wurden ein- und
zweiseitig ausgeführt und zeigten dann nach den Regeln innen
Metall und außen Farbe. Es kann aber auch Ausnahmen davon
geben,
wenn eine wachsende Helmzier (d. h. sich übergangslos aus der
Helmdecke entwickelnd) als Metall tingiert ist.
Helmdecken werden stets - besonders für die Frontalansicht wichtig - insgesamt nach vorne eingeschlagen, so daß sie den Wappenschild schützend umgeben, nicht nach hinten.
Eine Helmdecke hat Kontakt zum Schild, sie kann ihn berühren. Falsch ist es, wenn die Helmdecke an den Schildseiten zu großen Abstand hat, so daß der Bezug verlorengeht. Denn eine Helmdecke ist auch ein künstlerisches Mittel, um die Einzelteile eines wappens zu einem harmonischen Ganzen zusammenzubinden, Kohärenz zu erzeugen. Ebenso ist es schlechter Stil, wenn sich die Ranken der Helmdecke über die Schildfläche legen. Darunter leidet nämlich die Erkennbarkeit, eine der Basisforderungen guten Stiles.
In der Profilansicht wird die hintere Helmdecke gerne hinter den Schild gezogen, um diesen schützend zu umgeben, während der vordere Teil den Blick auf das Schildbild freigibt.
Stilistische
Freiheit
Wichtig
ist, daß der Stil
nicht bedeutungstragender Bestandteil des Wappens ist. Alle
möglichen Formen einer Helmdecke, die außen blau und
innen
golden ist, ob gezaddelt, gelappt, gebändert, geknotet,
gespalten oder gefranst, stehen in Einklang mit der Ansprache
„Helmdecken blau/golden“ in der Blasonierung. Ein
Stil
wird in einer Blasonierung grundsätzlich nicht vorgegeben
(außer wenn ein "Topfhelm" beschrieben wird, dann ist
klar, daß man ein einfaches oder gerafftes Tuch nimmt).
Manche Historiker und Heraldiker wünschen sich eine Angabe des prinzipiellen Stiles, um zu vermeiden, daß beim Aufriß stilistisch nicht kohärente Zeichnungen entstehen. Dies ist in meinen Augen absolut überflüssig und entspricht nicht den Gepflogenheiten. Ein guter Heraldiker wird niemals einen Topfhelm mit einer total verzaddelten wild wuchernden Helmdecke kombinieren, und auch nicht einen Bügelhelm mit einem gerafften Tuch.
Fazit: Ein Stil wird bei der Blasonierung nicht angegeben. Falls doch einer vorgegeben sein sollte, darf man sich bedenkenlos darüber hinwegsetzen, weil die Angabe eine unzulässige Einmischung in die künstlerische Freiheit des aufreißenden Heraldikers darstellt. Ein guter Heraldiker wird einen angemessenen Stil selber finden. Hier kann sich der Graphiker beim Aufreißen richtig austoben - doch cave: Ein Zuviel kann die Klarheit des Entwurfes empfindlich beeinträchtigen. Auch hier ist weniger manchmal mehr.
Verzierungen
der Helmdecken
Manchmal
begegnen uns
Darstellungen, bei denen die Außenseite der Helmdecke mit dem
Schildmotiv in Gegenfarbe (Metall) bestreut ist. Es handelt sich
in der Regel um eine Zitierung eines Motives aus dem Schildbild.
Die Bewertung dieser Mode ist bei Heraldikern umstritten. Einige
sehen darin ein charakterisierendes Element, das blasoniert
werden muß und zu unveränderlichen Eigenschaften
eines Wappens
dazugehört, andere sehen darin eine Spielerei der
künstlerischen Freiheit, die man wahlweise machen oder
weglassen
kann. Ich persönlich orientiere mich an der Frage:
Erhält man
ein neues Wappen, wenn man die Helmdecke mit Motiven bestreut
oder nicht? Die Unterscheidungskraft ist meines Erachtens zu
gering, um ein neues Wappen zu erhalten, und zwei verschiedene
Darstellungen, einmal mit und einmal ohne die
Helmdecken-Bestreuung, sind nicht zwei verschiedene Wappen,
sondern zwei verschiedene Aufrisse desselben Wappens. Wenn es
nicht zwei verschiedene Wappen sind, wäre die Angabe in der
Blasonierung redundant. In der klassischen Heraldik und
Blasonierung ist diese Bestreuung "nicht vorgesehen",
somit auch nicht elementarer Bestandteil des Wappens und der
Blasonierung. Deswegen ist es für mich "außerhalb
blasonierungsrelevanter Elemente", einfach nur eine opulente
Darstellung jenseits der "klaren und reinen Heraldik der
Frühzeit". Man stelle sich vor, es ist im Blason
erwähnt -
ein Künstler könnte und dürfte sich sogar
darüber
hinwegsetzen, wenn er es in einem anderen Stil aufreißt, zu
dem
die Elemente einfach nicht passen, beispielsweise im
frühgotischen Stil, und es wird kein anderes Wappen erhalten,
wenn die Bestreuung weggelassen wird. Das fällt für
mich eher
unter künstlerische Freiheit, ähnlich wie Troddeln an
der Decke
oder lilienförmige Zipfel o.ä.. Denn es ist nicht
hinreichend
differenzierungsrelevant, um zwei Wappen mit/ohne sicher
voneinander abgrenzbar und unterscheidbar zu machen.
Dabei stütze ich mich auf historische Beispiele, z. B. existiert ein historisches Beleg-Exemplar in der Burg Bourglinster, Großherzogtum Luxemburg, an einem Renaissance-Kamin von 1548 AD im ersten Stock: Das Wappen Metzenhausen (in Schwarz ein silberner Doppelhaken) ist dort mit einer Helmdecke dargestellt, die mit lauter silbernen Doppelhaken auf der schwarzen Außenseite bestreut ist, unabhängig vom üblichen Blason und auch im Gegensatz zu sonst üblichen Darstellungen (Trierer Dom, Kapuzinerkloster in Cochem, Burg Limburg an der Lahn). Das Beispiel zeigt: Die Bestreuung der Helmdecke kommt offensichtlich auch in historischer Zeit in seltenen Fällen vor, die Bestreuung der Decke ist nicht an eine Bestreuung des Schildes gebunden, denn hier handelt es sich um eine einzelne gemeine Figur, die Bestreuung ist eine künstlerische Laune und die Bestreuung der Helmdecke schafft kein neues Wappen, denn es existieren parallel Darstellungen des selben Wappens mit und ohne Bestreuung.
Wo
das Metall und wo die Farbe?
Standardmäßig
entspricht
heute gutem und als angemessen empfundenem Stil, bei einem
Wappenentwurf darauf zu achten, daß das Metall innen zu
liegen
kommt und die Farbe außen. Über die Gründe
dieser Konvention
kann nur spekuliert werden, eine mögliche wie naheliegende
Erklärung wäre, daß Weiß und Gelb
einfach schneller schmutzig
wird und deshalb an die geschütztere Stelle kommt. Genausogut
kann einfach angenommen werden, daß es so Mode wurde und wie
so
viele Moden ohne eigentlichen Grund außer dem der Nachahmung
ist. Es hat jedoch immer Beispiele gegeben, wo es umgekehrt war,
und auch heute werden noch Wappen neu eingetragen, die umgekehrt
konzipiert sind. Das ist immer genau dann der Fall, wenn die
Helmzier golden oder silbern tingiert ist und fließend in die
Decke übergeht, also wachsend ist, und man dieses
Ineinanderübergehen eigentlich als gestalterisches Merkmal
haben
möchte.
Ist eine wachsende Helmzier gänzlich metallisch tingiert, hat man mehrere Möglichkeiten:
Wie auch immer man sich entscheidet, die beste Lösung ist die, die beim Farbkonzept schon zukünftige Probleme vermeidet. Wenn man jedoch die Farbe nach innen legt, sollte man einen guten Grund dafür haben, der angesichts einer guten graphischen Darstellung auch überzeugt, deshalb gilt auch hier, daß man so etwas einem großen Künstler eher verzeiht, wenn der Gesamteindruck stimmig und harmonisch ist. Zu verschiedenen Zeiten hat man das auch verschieden eng gesehen. Wenn die Reihenfolge aber erst einmal in einem Blason festgelegt ist, hat man diese Wahl nicht mehr.
Genau das gleiche Problem ergibt sich bei gespaltenen Helmzieren, beispielsweise einem wachsenden Mannesrumpf, gespalten von Farbe und Metall. Auf der einen Seite ist es ok, auf der anderen Seite gibt es Probleme. Auch hier wurden und werden verschiedene Möglichkeiten ganz analog zu obigen Überlegungen praktiziert:
An diesen Überlegungen wird deutlich, daß künstlerische Überlegungen nicht immer deckungsgleich mit den Konventionen sind, und daß es immer wieder künstlerische Überlegungen gab, gibt und geben wird, die Ausnahmen rechtfertigen. Die Konvention, außen Farbe und innen Metall zu haben, ist gut und richtig und entspricht unseren heutigen ästhetischen Erwartungen. Daß Lösung e) im Rahmen der künstlerischen Freiheit jedoch auch gut aussehen kann, zeigt z. B. der Künstler Carl Roschet an vielen Beispielen in seinem Wappenbuch der Stadt Basel.
Helmdecken
in Metall / Metall?
Weiter oben
haben wir gesagt,
daß eine Helmdecke im Regelfall die Hauptfarben des Wappens
zeigt, also in den allermeisten Fällen Metall und Farbe. Es
gibt
aber auch historische Wappenbeispiele mit golden-silbernen oder
silbern-goldenen Helmdecken, so sehr es die "reine
Lehre" schockieren mag. Im Westfälischen Wappenbuch finden
sich z. B. die Wappen Büren, Dorfeld, Scheven, Ossendorp,
Rinteln und Stoter mit einer solchen Metall-Metall-Kombination,
und im Basler Wappenbuch finden sich die Wappen Wildt und
Amerbach, wobei häufig entsprechend vorherrschende
Tingierungen
im Schild Ursache sind.
Historische
"Verstöße"
Unsere
heutigen heraldischen
Regeln und unsere Erwartungen an eine gute Wappendarstellung sind
das Ergebnis eines jahrhundertelangen Entwicklungsprozesses.
Diese heutigen Regeln der Wappenkunst beruhen auf
jahrhundertelanger ästhetischer Erfahrung. Deshalb
müssen wir
immer zwischen historischen Aufrissen und Darstellungen und
heutigen Anforderungen unterscheiden. Erstere sind ein Produkt
ihrer Zeit und spiegeln auch die ästhetischen Entwicklungen,
ihre Glanzpunkte wie ihre Schwachstellen, wider. Was wir heute
tun sollten, ist vor dem Hintergrund der Entwicklung uns am
ästhetisch Besten orientieren. Deshalb können wir
heute sehr
wohl akzeptieren, daß es einerseits zu allen Zeiten
historische
Darstellungen gab, die wir heute nicht mehr so zeichnen
würden,
und daß wir andererseits heute klare ästhetische
Vorstellungen
haben, wie ein Wappen am besten dargestellt wird. Die hier
aufgezeigten heraldischen Regeln sind eine gute Richtschnur, um
zu einem ästhetisch befriedigenden Ergebnis zu kommen.
Historische Darstellungen können wir aber
rückblickend nicht
immer an diesen heutigen Regeln messen, denn sie alle, gute wie
schlechte, waren Etappen auf dem Weg zu unserer heutigen Sicht.
Farbgebung
der Helmdecken
Es wird
allgemein für
angemessen empfunden, wenn die Helmdecke die Hauptfarbe und das
Hauptmetall des Schildes wiederholt. Wenn das Schildbild z. B. in
Schwarz ein rotbewehrter goldener Löwe mit einer silbernen
Lanze
ist, sind die Hauptfarben die des Feldes und die der Figur, also
Schwarz und Gold. Rot ist nur die Bewehrung, und auch die
silberne Lanze ist nur eine Minderkomponente in der
Gesamtgestaltung. Folglich würde man für Wulst und
Decken die
Farben Schwarz und Gold wählen. Auch wenn sich aus
historischer
Zeit Belege dafür finden, daß auch gänzlich
abweichende
Helmdecken insbesondere in der Frühzeit verwendet wurden,
entspricht diese farbliche Übereinstimmung zwischen Helmdecken
und Schildfarben heute für angemessen empfundenem Stil.
Ein korrektes Beispiel (alle Beispiele sind hier zur Vereinfachung ohne Helmzier dargestellt. Es sei jedoch betont, daß jedes korrekte Wappen mit einer Helmzier dargestellt werden muß. Dies dient hier nur der Vereinfachung und Übersichtlichkeit) möge dies illustrieren: So ist es richtig! Die Farben der Decke stimmen mit den Hauptfarben des Schildes überein, und die Farben des Wulstes stimmen mit den Farben der Decke überein. Und daß der Wulst vorne (her. rechts) mit Farbe beginnt, ist ebenfalls guter Stil.
Ein falsches Beispiel zeigt, wie häßlich es aussieht, wenn man sich nicht an diese Konvention hält: Hier sind für die Helmdecken Farben gewählt worden, die überhaupt nicht im Schildbild vorkommen. Der Wulst wiederum hat von der Decke abweichende Farben. So nicht! Jedenfalls nach heute herrschender heraldischer Ästhetik nicht, denn gerade in der Frühzeit der Heraldik gab es solche Fälle durchaus, in denen die Decke ganz andere Farben als der Schild hatte.
Manchmal, insbesondere bei mehrfeldrigen Schildbildern, sticht nicht mehr eine einzelne Farbkombination als den Schild beherrschend hervor. Damit ist nicht gemeint, daß lediglich ein paar Krallen oder eine Zunge oder sonst ein Nebenteil eine weitere Farbe ins Spiel bringt. Das würde man nicht zum Anlaß nehmen, weitere Farben in die Helmdecke zu bringen. Sondern es muß sich um eine substanziell vorkommende weitere Farbe handeln. Da gibt es nun zwei korrekte Wege zum Umgang mit dieser Situation, die weiter unten erläutert werden. Zuerst aber zu dem, wie man es auf keinen Fall macht:
Ein ganz falscher Weg besteht darin, die einzelnen Flächen der Helmdecke einfach unterschiedlich mosaikartig zu tingieren. Eine Helmdecke besteht aus Stoff und hat eine Vorder- und eine Rückseite. So ein Helmdeckenstoff ist nun nicht wie ein Tarnnetz mit Flecken unterschiedlicher Farbe bemalt, sondern hat vorne eine einheitliche Farbe und hinten eine einheitliche Farbe. Also sehen wir folglich immer dort, wo vorne ist, die vordere Farbe, und immer dort, wo hinten ist, die hintere Farbe. Und nichts anderes. Eine Helmdecke ist kein Flächenmosaik und auch keine Tiffany-Arbeit, sondern gezeichneter Stoff, der real existieren können muß. Das nachstehend abgebildete Beispiel ist falsch, weil es einen solchen Stoff nicht gibt. Entweder ist er hinten blau oder rot, aber nicht beides zugleich. Eigentlich eine triviale Selbstverständlichkeit, aber die immer wieder an Heraldiker herangetragenen Fragen beweisen, daß man es leider mal erwähnen muß!
Was man ebenfalls NICHT macht, ist, die Helmdecken horizontal zu teilen. Auch diese Farbanordnung ist falsch und dient hier nur als schlechtes Beispiel!
Nun aber zum RICHTIGEN Umgang mit mehreren Farben in den Helmdecken:
Der eine Weg besteht darin, die Helmdecken zu spalten. So entstehen dreifarbige Helmdecken oder vierfarbige Helmdecken. z. B. "Helmdecken rechts rot-silbern, links rot-golden" oder "Helmdecken rechts blau-golden, links schwarz-silbern". Angemessen wäre es, den Wulst auch in allen in der Decke verwendeten Farben zu gestalten. Also für ein dreifarbiges Wappen z. B. "Auf dem rot-silbern-rot-golden bewulsteten Helm mit rechts rot-silbernen und links rot-goldenen Decken ein.....", wie in der folgenden Skizze korrekt dargestellt:
Oder in einem zweiten Beispiel: "Auf dem rot-silbern-blau-golden bewulsteten Helm mit rechts rot-silbernen und links blau-goldenen Decken ein.....", wie in der folgenden Skizze eines vierfarbigen Oberwappens korrekt realisiert. So kann man es machen!
Solchermaßen gespaltene Helmdecken haben ihre gestalterische Wurzel in den Wappen des Adels mit mehreren Helmen. Da jeder einzelne Helm seine eigene Helmzier und Helmdecken mitbringt, kommt es zu dem Fakt, daß rechts andersfarbige Tücher zu sehen sind als links. In späterer Zeit hat man auch oft nicht mehr zwischen den einzelnen Helmen mit individuellen Decken unterschieden, sondern die gesamte Galerie der Helme mit Decken versehen, meist die der beiden äußeren Helme, aber auch gänzlich frei gewählte Farben: "Fünf Helme, ....., Decken rechts blau-silbern, links schwarz-golden."
Es gibt aber auch viele historische Wappen mit auf beiden Seiten unterschiedlichen Helmdecken, wenn mehrere Felder des Schildbildes dies vorgeben, z. B. das Stammwappen der Grafen von Tauffkirchen, vorne rot-silbern, hinten blau-silbern.
Dieses Prinzip der rechts und links unterschiedlichen Decken wird von einigen Heraldikern (insbesondere Gestaltungen von Neubecker fallen dadurch auf) gerne genommen, um mehrere Farben des Schildbildes im Oberwappen unterzubringen, aber nun bei einem einzigen Helm. Der Nachteil ist, daß die Wappen dadurch optisch unruhig und sehr bunt werden. Die traditionelle Beschränkung auf die Signalwirkung einfacher Formen und vorherrschender Farben hat durchaus ihren Grund in der einfachen und schnellen Identifizierbarkeit, und ein klares Bekenntnis zu einer vorherrschenden Farbkombination entspricht dem Geist traditioneller Heraldik in meinen Augen mehr als die Buntheit, die letztendlich die Farbaussage verwässert. Bei aller Farbenfreude ist es besser, nur zwei Farben zu verwenden, als eine Art Karnevalswappen zu haben.
Der andere Weg hat folgenden Ansatz: So wie man sich früher bei Wappenvermehrungen oft nur für den Stammhelm mit den Stammhelmdecken entschied, so sollte man sich heute bei mehrfeldrigen Wappen einfach für das wichtigere, typischere, symbolträchtigste Feld entscheiden und nur dessen Farben im Oberwappen zeigen. Wenn es kein eindeutig wichtigeres Feld gibt, sollte man sich an alten Prinzipien orientieren: Das wichtigere Feld war in gespaltenem Schild vorne, bei geviertem Schild in den Feldern 1 und 4. Eine der Grundregeln der Heraldik lautet "Weniger ist mehr", und ein ruhiges zweifarbiges Oberwappen mit nur zweifarbigen Decken ist besser geeignet, Helmzier und Schild zu einem kohärenten Ganzen zu verbinden als eine vierfarbige Decke, die optisch eher das Auseinanderfallen in die Einzelteile begünstigt.
Hier kommt es jedoch immer auf den Einzelfall an und auch darauf, wie stark die Farben jeweils vertreten sind. Der Gesamteindruck des Endergebnisses entscheidet. Letztendlich ist es aber eine Geschmacksfrage, heraldisch korrekt sind alle diese Beispiele. Welchem Weg der beiden geschmacklich der Vorzug zu geben ist, darüber läßt sich unter Heraldikern trefflich diskutieren. Begründbar und richtig sind beide Varianten.
Die beste Gestaltung ist aber die, die auch im Schildbild eine Farbkombination eindeutig vorherrschen läßt. Im direkten Vergleich schlägt die nur rot-silberne Beispiel-Kombiantion alle anderen Skizzen. Insofern sollte bei der Gestaltung schon auf entsprechende farbliche Schlichtheit und Ausgewogenheit im Schildbild geachtet werden und weitere Farben nur als kleine Akzente verwendet werden.
Einfache
Beispiele für Helmdecken
Eine
klassisch gezaddelte
Decke für einen frontal dargestellten Helm, schwungvoll und
dynamisch (Vorbild: Leonhard):
Oder einfach in Form wehender Bänder (Vorbild: Leonhard):
Hier einer meiner eigenen Entwürfe, der plastische Darstellungen aus gotischer Zeit zum Vorbild hat, einfach und raumgreifend, von der Spannung zwischen gestreckten Partien und eng eingerollten Schnörkeln lebend:
Selbes Gestaltungsprinzip der kugelig eingerollten Zaddel-Enden, hier für einen Helm in Profil in einer dynamischen Seitwärtsbewegung in Szene gesetzt, eine sehr interessante Gestaltungsvariante für einen Schildinhalt mit Schrägbalken:
Wem die obigen Beispiele zu verschnörkelt, zu verspielt und gezaddelt sind, voilà einige moderne Entwürfe von mir mit Schwung und dennoch sehr klarer Linienführung:
Im Prinzip die gleiche Decke, aber mit einem anderen Abschluß auf der heraldisch rechten Seite:
Beispiele
für Helmdecken mit fächerförmig
aufgeweiteten Enden
Eine sehr
metallbetonte,
symmetrische Decke mit fächerartigen Endgestaltungen und
nahezu
zweifach achsensymmetrisch, aber im Detail doch leicht dem
unterschiedlichen Raumbedarf von Helmzier und Schild
angepaßt,
hier dreidimensional schattiert:
Im Prinzip das gleiche Grundmodell, symmetrisch mit fächerartigen Endgestaltungen, von hoher Symmetrie, aber diesmal mit eingedrehten Endzipfeln, so daß insgesamt eine harmonischere Durchdringung beider Farben erreicht wird:
Ein opulenterer Stil, der klassischen Faltenwurf mit fächerartigen, in sich jeweils eingedrehten Endgestaltungen vereint und durch Überkreuzungen Komplexität schafft, aufgrund seiner unruhigen Gestaltung eher für ganz schlichte Schildinhalte gedacht, hier dreidimensional schattiert:
Weitere Entwürfe auf der zweiten Seite: Helmdecken (2)
Zusammenfassung:
Literatur,
Links und Quellen:
Wappenfibel,
Handbuch
der Heraldik, hrsg. "Herold", Verein für Heraldik,
Genealogie und verwandte Wissenschaften, Verlag Degener, Neustadt
1981
Walter Leonhard: Das große Buch der Wappenkunst,
Bechtermünz
Verlag 2000, Callwey Verlag 1978
Georg Scheibelreiter: Heraldik, Oldenbourg Verlag Wien/München
2006, ISBN 3-7029-0479-4 (Österreich) und 3-486-57751-4
(Deutschland)
Helmdecken (1) - Helmdecken (2) - Fallstricke - Helmdecken am PC
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Copyright / Urheberrecht an Text, Graphik und Photos: Bernhard
Peter 2004, 2007
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