Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 511
Romantisches Dinkelsbühl

Dinkelsbühl, Deutschordensschloß

Geschichte des Deutschordensschlosses zu Dinkelsbühl
Ein Vogt des Deutschen Ordens wurde bereits 1317 in Dinkelsbühl erwähnt. 1387 wird der Deutsche Orden als Besitzer eines Hauses in der Rothenburger Vorstadt erwähnt. Schließlich erwarb der Orden bzw. der Landkomtur der Ballei Franken, zu der Dinkelsbühl gehörte, 1390 einen größeren Baukomplex an der Stelle des heutigen Schlosses. Der Vorgängerbau ist heute komplett durch das Barock- und Rokoko-Schloß ersetzt, diente dem Orden aber über dreihundert Jahre lang als Heimat. Im Jahre 1709 beschloß der damalige Landkomtur Philipp Benedikt Forstmeister von Gelnhausen, daß der „Teutschhof“, mittlerweile baufällig geworden und teilweise sogar ruinös, abgerissen werde und durch einen barocken Neubau ersetzt werde. Damals wurde der Nordflügel der heutigen Anlage erbaut. Das ist der Flügel, an dem über dem prächtigen Eingangsportal im Hofe auch das Gelnhauser Wappen ist.

In den Jahren 1761-1764 wurde die Anlage erheblich vergrößert. Der bestehende Nordflügel wurde in ein wesentlich größeres Ensemble im Rokoko-Stil integriert, wobei das bisherige Hauptportal nun auf den Hof führt. Schaufront wird die lange der Stadt zugewandte Fassade des auf leicht ansteigendem Gelände befindlichen Schlosses, mit einem prunkvollen Giebel hoch über den Häuschen mittelalterlichen Zuschnitts, etwas komplett Anderes inmitten der Dinkelsbühler Bürgerwelt, darin ein Prunkwappen des damaligen Hochmeisters des Deutschen Ordens Karl Alexander von Lothringen. Baumeister ist der schon in Ellingen tätige Matthias Binder. Das Prunkwappen fertigte der Ellinger Bildhauer Leonhard Meyer, schon bekannt durch seine Arbeiten am Schloß des Hauptsitzes der Landkomture der Ballei Franken.

Seit 1806 und der Auflösung des Deutschen Ordens ist das Schloß Sitz staatlicher Behörden, heute beherbergt es die Außenstelle Dinkelsbühl des Finanzamts Ansbach.

Das Wappen des Karl Alexander von Lothringen und Bar, Prinz von Lothringen, Generalgouverneur der Niederlande (Hochmeister 1761–1780), an der östlichen Schaufront
Der Schild der Herzöge von Lothringen ist geteilt und dreimal gespalten. Die 8 Felder werden wie folgt zugeordnet:

Über allem ein Hochmeisterkreuz, ein schwarzes durchgehendes Kreuz, belegt mit einem goldenen Lilienkreuz, ein Mittelschild in Gold (hier zu Rot geworden) belegt mit einem schwarzen Adler.

Dieser ist wiederum belegt mit einem Herzschild, in Gold (hier fälschlicherweise blau gefaßt) ein roter Schrägrechtsbalken (hier fälschlicherweise golden), belegt mit drei silbernen Alerions (hier geschwärzt). Das ist das eigentliche Stammwappen der Herzöge von Lothringen (seit 1048), hier leider komplett farblich verfälscht.

Oder alternativ zu späterem Zeitpunkt mit einem gespaltenen Herzschild:
Feld 1: In Gold ein roter Schrägrechtsbalken, belegt mit drei silbernen Alerions. Das ist das eigentliche Stammwappen der Herzöge von Lothringen (seit 1048)
Feld 2: In Gold fünf (2:2:1) rote Besanten (Kugeln), oben begleitet von einer größeren blauen Kugel, diese belegt mit 3 (2:1) goldenen Lilien. Das ist das Wappen der Toscana bzw. der Medici nach 1465. Vor 1465 hatten sie in gold 6 (3:2:1) rote Besanten. 1737 starb Gian Gastone de Medici ohne Erben, und so kam das Medici-Wappen auf Umwegen in das des Hauses Lothringen.

Lebenslauf von Hochmeister Karl Alexander von Lothringen und Bar:

Seine Wahl zum Hochmeister liegt in einer Zeit, in der der Deutsche Orden quasi ein Hausorden der Habsburger geworden war, und in der der Hochmeisterposten eine Versorgungsstelle für Prinzen aus dem Hause Habsburg war, mit ausgezeichneter finanzieller Absicherung und Einflußmöglichkeiten als Reichsfürst. Allein schon die Ämterakkumulation machte es ihm schier unmöglich, mit ganzem Einsatz für Ordensbelange einzutreten. Entsprechend seiner politisch interessanteren Aufgaben in den Niederlanden weilte er nur selten in der Ordenszentrale zu Mergentheim (1761, 1764, 1765) und lenkte ansonsten seine Amtsgeschäfte von Brüssel aus.

Rokoko-Kapelle im Inneren
Ein Kleinod im Innern ist die Rokokokapelle aus den Jahren 1760-1761, im obersten Stockwerk des Nordflügels gelegen und über das Treppenhaus hinter dem Wappen des Landkomturs zu erreichen. Sie ist mit Rokoko-Stuck aus der Hand von Christian Kurz ausgeschmückt, einem Dinkelsbühler Stukkateur. Nach dessen Tod wurden die Arbeiten von Lorenz Hieber (Hüeber) aus Neresheim fortgeführt. Der Altar im Inneren der Kapelle, eine Schöpfung des späten Rokokos aus Holz, farblich in Weiß und Gold gehalten, stammt von Schreinermeister Dominikus Biber, auch er aus Ellingen, dem fränkischen Hauptsitz des Deutschen Ordens.

Das Wappen am Portal des Nordflügels
Früher war das der Haupteingang; beim Umbau im Rokoko kam das Portal zum Nordflügel im Hof zu liegen. Das Wappen über der Tür ist das des Landkomturs der Ballei Franken, Philipp Benedikt Forstmeister von Gelnhausen, der 1702-1716 amtierte. Er hatte übrigens einen Verwandten, Carl Friedrich von Forstmeister zu Gelnhausen, der rund hundert Jahre später der letzte Landkomtur der Ballei Elsaß-Burgund war.

Es zeigt einen gevierten Schild, Feld 1 und 4 in Silber ein durchgehendes schwarzes Kreuz des Deutschen Ordens, Feld 2 und 3 in blauem, mit goldenen Schindeln bestreuten Feld ein pfahlweise gestellter goldener Widerhaken, oben mit einem Vogelkopf versehen, oben rechts begleitet von einem roten Kreuzlein (kann auch fehlen). Dem Schild ist ein weiterer Schild mit Deutschordenskreuz unterlegt, wie es Landkomturen zustand. Helmzier, hier durch ein Blech vom Rest des Wappens optisch abgetrennt: Ein wie der Feld 2 und 3 bez. Flug. Eigentlich führen die Forstmeister zu Gelnhausen aber einen goldenen Widerhaken, oben mit einem Vogelkopf versehen, zwischen zwei mit goldenen Schindeln und einem roten Kreuzlein bedeckten Adlerflügeln. Das wurde hier etwas abweichend inszeniert. Helmdecken blau-golden.

Literatur und Quellen:
Siebmachers Wappenbücher
Informationstafel des Finanzamtes Ansbach, Außenstelle Dinkelsbühl
Willi Sauer, W. Kootz, Stadtführer Romantisches Dinkelsbühl, Verlag Edm. von König, Heidelberg 1979, S. 36 ff.

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