Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 3022
Geisenheim (Rheingau-Taunus-Kreis)

Pfarrkirche Heilig Kreuz ("Rheingauer Dom"): Philipp Erwein von Schönborn und Maria Ursula von Greiffenclau-Vollraths

Für Philipp Erwein Freiherr von Schönborn (1607-4.11.1668) und seine Frau, Maria Ursula von Greiffenclau-Vollraths (15.7.1612-28.8.1682) gibt es im Rheingauer Dom zwei Grabdenkmäler: An der Südfassade außen ist eine Grabplatte angebracht, und an der südlichen Chorwand innen ist das entsprechende, dazu passende Epitaph angebracht. Die bessere Reliefarbeit gibt es bei letzterem, die weiterreichende Heraldik an ersterer. Philipp Erwein Freiherr von Schönborn war kurmainzischer Geheimer Rat und Oberamtmann zu Steinheim. Am 19.7.1654 erfolgte die Belehnung mit Haus Freyenfels. Er wurde zum Freiherrn zu Reichelsberg. Er erwarb 1650 den Ort Gaibach. In Heusenstamm erbaute er das Schloß Schönborn vor die alte Burg, und dort ist ebenfalls sein Wappen angebracht. Dazu hatte er zwei Erbämter in geistlichen Fürstentümern inne, er wurde 1670 Erbschenk des Erzbistums Mainz, und er war Erbtruchseß im Hochstift Würzburg. Er war ein enger Verwandter mehrerer Fürstbischöfe der Familie: Sein Bruder war der Mainzer, Würzburger und Wormser Fürstbischof Johann Philipp von Schönborn (6.8.1605-12.2.1673), sein Sohn war der Mainzer und Bamberger Fürstbischof Lothar Franz von Schönborn (4.10.1655-1729), und seine vier Enkel waren der Würzburger Fürstbischof Johann Philipp Franz von Schönborn (15.2.1673-18.8.1724), der Bamberger und Würzburger Fürstbischof Friedrich Carl von Schönborn (3.3.1674-25.7.1746), der Speyerer und Konstanzer Fürstbischof und Kardinal Damian Hugo Philipp Anton von Schönborn (19.9.1676-19.8.1743) und der Trierer Fürstbischof Franz Georg von Schönborn (15.6.1682-18.1.1756). Deshalb kann dieses Paar als genealogische Schlüsselstelle der geistlichen Schönborns bezeichnet werden. Außerdem war Philipp Erwein Freiherr von Schönborn durch Erbschaft, Kauf und Lehen zahlreicher Güter im Rheinland, am Main, im Taunus und der Wetterau der Begründer des wirtschaftlichen Erfolges der Familie.

 

Der oval eingefaßte Text der Platte lautet: "SUB HOC MARMORE QUIESCUNT / DUO CONIUGES / PHILIPUS ERWINUS / ET MARIA VRSULA BARONES DE SCHONBORN / IO(ANN)IS PHILIPPE ELECT(ORIS) MOGUNT(INI) FRATER / LOTHARY FRANCISCI ELECT(ORIS) MOG(UNTINI) PATER / ANTIQUITATE RELIGIONIS ET NOBILITATIS CLAR(US) / GERMANO CANDORE AC PRUDENTIA EXCELLENS / REB(US) ARDUS GERENDIS ET MANU STRENU(US) / VIXIT ANNOS SEXAGINTA TRES / MORTUUS / ANNO 1668 4TA NOVEMBRIS / HAEC EX STEM(M)ATE BARONU(M) GREIFFENCLAW DE VOLLRATHS / PROGNATA / NEPTIS GEORGY FRIDERICI ELECTOR(IS) MOGUNT(INI) / INTER NOBILES MATRONAS VIRTUTE AC PIETATE / MAXIME ERGA EGENOS CONSPICUA / FUIT / SEPTENDECIM PROLIUM ILLUSTRISSIMARUM MATER / NATA EST ANNO MDCX / DENATA ANNO MDCLXXXIII / POSTQUAM NONAGINTA DUOS NEPOTES AC NEPTES / ALIOS SUCCEDANEOS E SUO SANGUINE VIDISSET / I / TUAS VIAS VIATOR / ET HOC IPSUM MEMINERIS / ETIAM TE IN VIA ESSE / CUI(US) META MORS EST". Neben den vielen kurfürstlichen Verwandten muß ebenfalls gesagt werden, daß auch die Ehefrau eine Verwandte eines Wormser Fürstbischofs und Mainzer Kurfürsten ist, denn Georg Friedrich von Greiffenclau-Vollraths (8.9.1573-6.7.1629) war ihr Großonkel. Und der Würzburger Fürstbischof Johann Philipp von Greiffenclau-Vollraths (13.2.1652-3.8.1719; 71007061) war ihr Cousin, was das oben Gesagte noch unterstreicht.

In der Mitte ist ein großes Allianzwappen beider Eheleute angebracht, heraldisch rechts das Wappen der von Schönborn, in Rot auf drei silbernen Spitzen ein schreitender goldener Löwe mit blauer Krone, auf dem ungekrönten Helm mit rot-silbernen Decken der rotgezungte Löwe mit blauer Krone und aufgeschwungenem Schweife sitzend zwischen zwei gänzlich roten Büffelhörnern (die seitlichen Artefakte sind in anderen Darstellungen nicht vorhanden und daher nicht signifikant), gegenüber dasjenige der von Greiffenclau-Vollraths, geviert: Feld 1 und 4: silbern-blau geteilt, darüber ein goldenes Glevenrad, Stammwappen der von Greiffenclau-Vollraths, Feld 2 und 3: in Schwarz ein silberner Schräglinksbalken, Herrschaft Ippelbrunn (Eppelborn), auf dem Helm mit blau-silbernen oder rechts blau-silbernen und links schwarz-silbernen Decken eine goldene Greifenklaue mit schwarz-blau-silbernem Gefieder.

Diese beiden Wappen wiederholen sich an den Seiten ganz oben als Beginn der jeweiligen 4er-Ahnenproben, rechts mit "V. SCHÖNBORN" und links mit "GREIFENCLAU V. VOLRATHS" bezeichnet. Nun folgen auf jeder Seite die vier Ahnenwappen für die Ahnenprobe auf Großelternebene für jeden Ehepartner. Philipp Erwein Freiherr von Schönborn war der Sohn von Georg von Schönborn (-16.4.1613) zu Eschbach, 1605 Amtmann der Grafschaft Runkel in Amöneburg und Neustadt, und dessen Frau, Maria Barbara von der Leyen (-1631). Entsprechend folgt der Wappenschild der von der Leyen ("V. DER LEYEN"), in Blau ein silberner Pfahl; die hier nicht dargestellte Helmzier wäre zu blau-silbernen Decken ein wachsender silberner Rüdenrumpf zwischen einem blauen, mit silbernen Lindenblättern bestreuten Flug. Maria Ursula von Greiffenclau-Vollraths war die Tochter von Heinrich Freiherr von Greiffenclau-Vollraths (30.10.1577-29.5.1638), kurmainzischer Geheimrat, 1605 Oberamtmann zu Bischofsheim an der Tauber, Orb, Hausen und Alzenau, später zu Steinheim, 1630 Vicedom im Rheingau, und dessen Frau, Anna Maria Gräfin zu Eltz (1575-27.1.1640). Entsprechend ist der zweite Ahnenwappenschild auf der Spindelseite derjenige der von Eltz ("V. ELTZ"), geteilt, oben in Rot ein wachsender, goldener, blau bewehrter und ebenso gezungter Löwe, unten silbern und ledig; die hier nicht verwendete Helmzier wäre zu rot-silbernen Decken ein hermelingestulpter roter Turnierhut, aus dem ein goldener, blau bewehrter und ebenso gezungter Löwe wächst zwischen einem mit silbernen Herzchen bestreuten roten Flug.

 

Die vier Großeltern des Philipp Erwein Freiherr von Schönborn waren Philipp von Schönborn (-1589) und Agathe Donner von Larheim/Lohrheim (-12.9.1599) väterlicherseits sowie Philipp Erwein von der Leyen (-10.3.1593), erst 1566 Domherr zu Trier, 1572 Resignation, Rittmeister, und Anna von Heppenheim gen. von Saal mütterlicherseits. Das erste neue Wappen auf dieser Ebene ist das der Donner von Larheim/Lohrheim ("DONER V. LOHR"), in Silber ein rotes Schildchen, im Schildhaupt begleitet von drei balkenweise gestellten schwarzen Jakobsmuscheln; die hier nicht verwendete Helmzier wäre zu rot-silbernen Decken ein rechtes silbernes und ein linkes rotes Eselsohr. Die aus dem Dorf Lohrheim bei Dietz stammende Familie gehört zur im Nassauischen vorkommenden Wappengruppe mit den Grundfarben rot-silbern und dem Schildchen, wobei fast alle Geschlechter eine Rolle als katzenelnbogensche Lehnsleute, Burgmannen o.ä. spielten und sich viele ihrer Wappen sogar durch typische Helmzieren ähneln. Das vierte und letzte Wappen dieser Reihe ist dasjenige der von Heppenheim genannt von Saal ("V. HEPPENHEIM / GEN. SAAL"), in Blau ein silberner Balken, begleitet von 3 (2:1) silbernen Rauten. Die zugehörige Helmzier wäre zu blau-silbernen Decken ein Paar blauer, mit einem silbernen, oben und unten von einer silbernen Raute begleiteten Balken belegter Büffelhörner. Diese Familie stammt aus dem Raum Alzey, hatte in Gau-Heppenheim eine Burg als Allodialgut und stellte Burgmannen auf der bischöflichen Burg in Alzey. Ein weiterer Besitz der Familie war der Saalhof in Alzey, ein Lehen von den Pfalzgrafen bei Rhein. So kam es zu diesem doppelten Namen. Dieses Wappen fand übrigens Eingang in das vermehrte Wappen der Grafen von Schönborn, als diese 1684 die von Heppenheim beerbten, und in deren Wappen fand der Wappenbestandteil der von Heppenheim weite Verbreitung im Rheinland und in Franken, insbesondere im Bereich der geistlichen Fürstentümer Süddeutschlands.

 

Die vier Großeltern der Maria Ursula von Greiffenclau-Vollraths waren Dietrich von Greiffenclau-Vollraths (17.10.1549-28.7.1614), Vicedom im Rheingau, und Apollonia von Reiffenberg (1553-11.7.1601) väterlicherseits sowie Kaspar Graf zu Eltz (-20.1.1619), erst Domherr zu Trier, kurmainzischer Rat, Hofrichter und Großhofmeister, dann nach Resignation Amtmann, und dessen Frau, Ursula von Kerpen (-1602), mütterlicherseits. Das erste neue Wappen auf dieser Ebene ist das der von Reiffenberg ("V. REYFFENBERG"), sechsmal von Silber und Rot schräglinks geteilt; die hier nicht verwendete Helmzier wäre zu rot-silbernen Decken ein Flug, beiderseits gegenläufig fünfmal von Silber und Rot schräggeteilt. Das vierte und letzte Wappen dieser Reihe ist dasjenige der von Kerpen ("V. KERPEN"), in Silber ein roter Zickzackbalken; dazu würde als Helmzier zu rot-silbernen Decken passen ein silberner, beiderseits mit einem roten Zickzackbalken belegter Flug. Die acht Urgroßeltern der Maria Ursula waren Richard von Greiffenclau-Vollraths (-1.1.1558), Anna von Schönenberg, Cuno von Reiffenberg, eine Frau von Mudersbach, Christoph Graf zu Eltz (1501-1594), Sophia von Stein, Henrich von Kerpen und Catharina Schenk von Schmidtburg.

Diese Grabplatte wurde erst 2004 nach gründlicher Restaurierung an der Südwand angebracht. Im Innern der Kirche befindet sich das zugehörige Epitaph aus schwarzem Marmor für den Ehemann mit der Inschrift in der Sockelzone: "Hic quiescat Philippus Erwinus de schönborn Ioannis Philippi, / Archi Episcopi et Electoris Moguntini frater Vir fuit in Religione / orthodoxa pius in consilius prudens et manu strenuus In cuius memoriam / Coniunx et Liberi superstites hoc monumentum moesti posuerunt vixit / annos Lxiii Mortuus est quarto Nouembris Anno MDCLXVIII".

Auch hier wird die Verwandtschaft mit den Mainzer Fürstbischöfen hervorgehoben. Am verkröpften Segmentbogengiebel des Epitaphs ist ein Ehewappen aus den beiden Kartuschen der von Schönborn und der von Greiffenclau-Vollraths wie beschrieben. Das ganze Zentralfeld wird eingenommen von einer rechteckigen Relieftafel aus weißem Marmor, die den Verstorbenen in dynamisch kniender Haltung zeigt, vor sich ein Kanonenrohr und einen geflügelten Putto, der mit seinem Schwert spielt. Rechts und links des Epitaphs sind zwei gesonderte Elemente mit trauernden Engeln angebracht. Der barhäuptige, aber gerüstete Philipp Erwein von Schönborn hat den Blick zu dem aus von Engeln gehaltenen, Wolken darstellenden Tuchdraperien hervorkommenden Christus gerichtet, hier ganz ohne Kreuz, aber erkennbar an der Lanzenwunde an seiner Seite, an die seine linke Hand greift. Beide Figuren haben ihr weibliches Gegenstück an der Seite, gegenüber Christus ist Maria in die Tuchdraperien eingebettet, und hinter Philipp Erwein betet seine Ehefrau Maria Ursula in Witwentracht.

Oben auf dem Segmentbogengiebel kauern seitlich zwei gekrönte Löwen, das Wappentier der von Schönborn. Das marmorne Epitaph, das durch seinen virtuosen Umgang mit dem Marmor beeindruckt und das künstlerisch bedeutendste Grabdenkmal der Kirche darstellt, wurde lange Zeit für eine Arbeit des Bildhauers Matthias Rauchmiller (11.1.1645-15.2.1686) gehalten, der auch das Metternich-Grabmal in der Trierer Liebfrauenkirche schuf. Die neuere Forschung vermutet als Urheber eher den aus Solothurn stammenden Johann Wolfgang Fröhlicher (1652-26.4.1700), der in der Aschaffenburger Stiftskirche das Epitaph für Anselm Franz von Ingelheim schuf und der im Trierer Domkreuzgang begraben ist.

Von diesem Epitaph und der zuvor beschriebenen Grabplatte spannt sich ein direkter Bogen zu dem Ostein-Epitaph schräg gegenüber, denn diese beiden Eheleute waren die Urgroßeltern des Johann Franz Heinrich Carl Sebastian Graf von Ostein (2.2.1693-23.4.1742), an den an der Nordwand des Chors mit einem Epitaph erinnert wird.

Literatur, Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps: https://www.google.de/maps/@49.9827454,7.9674183,20.46z - https://www.google.de/maps/@49.9827454,7.9674183,81m/data=!3m1!1e3
Kirchenwebseite:
https://heilig-kreuz-rheingau.de/
Manfred Laufs, Elisabeth Will-Kihm: Der Rheingauer Dom Geisenheim, Kirchenführer, hrsg. von dem kath. Pfarramt Hl. Kreuz Geisenheim, Geisenheim 2008
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
Familie von Schönborn:
https://de.wikipedia.org/wiki/Schönborn_(Adelsgeschlecht)
Familie von Greiffenclau-Vollraths:
https://de.wikipedia.org/wiki/Greiffenclau
Familie von der Leyen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Leyen_(Adelsgeschlecht)
Familie von Heppenheim:
https://de.wikipedia.org/wiki/Heppenheim_genannt_vom_Saal_(Adelsgeschlecht)
Familie von Eltz:
https://de.wikipedia.org/wiki/Eltz_(rheinländisches_Adelsgeschlecht)
Familie von Reiffenberg:
https://de.wikipedia.org/wiki/Reifenberg_(Adelsgeschlecht)
Familie von Kerpen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Kerpen_(Adelsgeschlecht)
Verwendung der Innenaufnahmen mit
freundlicher Erlaubnis von Frau Ursula Semmler, Verwaltungsleitung, vom 1.9.2022, wofür ihr an dieser Stelle herzlich gedankt sei.

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