Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 3136
Saarbrücken

Die ev. Stiftskirche St. Arnual - Heinrich von Soetern und Philippa von Kerpen

Dieses ist ein Doppelepitaph an der südlichen Langhauswand. Auf einem hohen Sockel sind zwei annähernd gleich große, hochrechteckige Platten aus unterschiedlich gefärbtem Sandstein zu einem Doppelgrabmal zusammengestellt und unter einem gemeinsamen Aufsatz mit der Inschrift und einem abschließenden Dreiecksgiebel mit einer zentralen Rosette und Renaissance-Ornamentik vereint. Die Inschrift lautet: "Anno d(omi)ni 1545 den 22 Marttii Starb der / Edel und E(h)renvest Heinrich von Soetern / Anno d(omi)ni 1526 den 15 tag des Monats / May Starb die Edle und Tugentreiche / Philippa gebor(e)ne von Kerppen des E(h)ren/vesten Heinrich vo(n) Soeter(n) E(h)eliche h(a)usfraw / den be(i)den wolle Gott der Herr gen(a)edig s(e)in".

 

Abb. links: Doppelgrabmal mit zwei einzelnen Reliefplatten, die zu verschiedenen Zeiten entstanden sind, und gemeinsamem Aufsatz.

Auf der optisch linken Seite des Grabdenkmals befindet sich die Reliefplatte für Heinrich von Soetern (-22.3.1545). Er wird in voller Rüstung dargestellt, nur den Helm hat er neben seinem rechten Fuß abgestellt. Die Rechte ruht am Dolch, die Linke am Schwertgriff. Den Blick hat er nach halbrechts gewendet. Heraldisch oben rechts befindet sich das Wappen der von Soetern, in Gold ein roter Doppelhaken (Wolfsangel), auf dem Helm mit rot-goldenen Decken ein roter Turnierhut mit silbernem Stulp, darin ein schwarzer offener Flug steckend (Gruber, Zobel, Siebmacher Band: Lot Seite: 40 Tafel: 28, in einer anderen Variante z. B. bei Wolfert der Flug silbern und andere Feldfarben). Heraldisch oben links befindet sich das Wappen der von Heringen (Harange, Haranges), in Gold ein golden gekrönter, blauer Löwe, golden bewehrt und gezungt, auf dem Helm mit blau-goldenen Decken ein wachsender blauer, golden gekrönter Löwe. Französischer Blason nach Loutsch: D'or au lion d'azur, armé, lampassé et couronné d'or, cimier le lion issant du même. In der Bewehrung gibt es Varianten. Ebenso im Gruber und im Siebmacher Band: Lot Seite: 28 Tafel: 19. Die luxemburgisch-lothringische Familie ist 1551 im Mannesstamm erloschen.

Abb.: Inschrift für beide Eheleute im Aufsatz

Heraldisch unten rechts befindet sich ein noch nicht identifiziertes, gerautetes Wappen, auf dem Helm ein Turnierhut, in dessen Stulp zwei Flügel stecken (Hinweise willkommen, die verfügbaren Genealogien geben nichts her, diskutiert werden u. a. 1.) die von Brücken / von Brück aus Bliesbrücken bei Saargemünd und zu Hunsingen, naheliegend aufgrund zahlreicher Überlappungen in Dagstuhl, bei Erbschaften, Besitztümern und Lehen etc., die hätten einen rot-silbern gerauteten Schild, die haben aber auf dem Turnierhut ein silbernes Hermelin bzw. nach anderen Quellen ein Fuchs zwischen zwei Federstößen als Helmzier, und hier ist es eindeutig ein Flug ohne Hermelin oder Fuchs, 2.) die von Ulmen, die haben aber je nach Familie auf dem Hut zwei Federstöße und keinen Flug oder eine ganz andere Helmzier). Heraldisch unten links befindet sich das Wappen der von Hagen zur Motten, in Gold ein roter Balken, begleitet von roten liegenden Schindeln (Steinen), oben neun (5:4), unten sechs (3:2:1), auf dem Helm mit rot-goldenen Decken ein Flug, beiderseits belegt mit einem roten, von roten liegenden Schindeln (Steinen) begleiteter Balken (Zobel, Gruber, Wolfert).

Heinrich von Soetern (-22.3.1545) war der Sohn von Anton (Anthis) von Soetern und Elisabeth (Else) von Heringen. Stoyans Adel digital nennt als Mutter "Elisabeth Gräfin v. Heringen", das ist abwegig, weil die unbedeutenden von Heringen niemals den Grafenstand erlangten. Auch darf diese Familie nicht mit den westfälischen und mit den thüringischen von Heringen verwechselt werden, beides sind ganz andere Familien. Bei Humbracht finden wir auf der Tafel Soetern die beiden Namen der Eltern des Verstorbenen bestätigt. Offensichtlich folgt die Anordnung der Wappen auf dieser Reliefplatte den üblichen Gepflogenheiten, oben 1-2, unten 3-4.

Abb.: Wappen Soetern und Heringen

Nun zu den Großeltern: Bei Stoyans Adel digital werden genannt Henrich von Soetern und Anna (Margarethe) von Ingelheim sowie Johann von Heringen und Katharina von Hagen. Die Familie von Ingelheim kann aufgrund der Heraldik sicher als Fehler identifiziert werden, entsprechend ist der Rest auch als nicht verläßlich einzustufen. Bei Humbracht sind es auf der Tafel Soetern väterlicherseits Henrich von Soetern der Jüngere (er hatte einen gleichnamigen Bruder), der eine Frau von Elter (d'Autel) geheiratet haben soll), sowie mütterlicherseits Johann von Heringen und Catharina von Hagen zur Motten. Nach Schwennicke handelt es sich um Margaretha von Elter, Tochter von Johann von Elter. Auch hier kann aufgrund der Heraldik die Familie von Elter (d'Autel) sicher ausgeschlossen werden, auch hier ist die Genealogie nicht passend, dito bei Schwennicke. Johann von Heringen und Katharina von Hagen zur Motten passen jedoch zur Reliefplatte.

Abb.: unidentifiziertes Wappen und Wappen Hagen zur Motten

Jetzt wechseln wir auf die optisch rechte Seite des Grabdenkmals, zur Ehefrau, Philippa von Kerpen (-15.5.1526). Die Reliefplatte ist ganz gleich aufgebaut, mit einer frontalen Darstellung der Verstorbenen und vier Vollwappen in den Ecken des Zentralfeldes. Heraldisch oben rechts befindet sich das Wappen der von Kerpen, in Silber ein roter Zickzackbalken, auf dem Helm mit rot-silbernen Decken ein silberner, beiderseits mit einem roten Zickzackbalken belegter Flug (Gruber, Zobel, Siebmacher Band: Bad Seite: 57 Tafel: 35, PrGfE Seite: 33 Tafel: 22). Heraldisch oben links befindet sich das Wappen der von Esch. Das Schildbild an sich gibt es häufiger, aber charakteristisch ist hier die Helmzier, die auf diese luxemburgische Familie verweist. Das Wappen wird im Loutsch S. 342 beschrieben, in Rot zwei silberne Balken, diese mit fünf (3:2) schwarzen Kugeln belegt, auf dem Helm ein Turm zwischen zwei Büffelhörnern in den Farben des Schildes (de gueules à deux fasces d'argent chargées à cinq tourtteaux de sable, trois sur la première, deux sur la deuxième, cimier: entre les proboscides, une tour). Der Name der Familie leitet sich von Bourgesch (Moselle) in Lothringen ab (Loutsch).

 

Abb.: Reliefplatte für Philippa von Kerpen mit Detailvergrößerung

Heraldisch unten rechts befindet sich das komplett aus Courtoisie gewendete Wappen der Beyer von Boppard, geviert, Feld 1 und 4: in Silber ein schwarzer, rot bewehrter und gezungter, golden gekrönter Löwe, Feld 2 und 3: in rotem, mit goldenen Steckkreuzchen bestreutem Feld ein aus dem linken Schildrand hervorkommender silberner Frauenarm mit Hängeärmel mit goldenen Verzierungen, einen goldenen Fingerring mit blauem Stein haltend. Die Helmzier ist die des Stammwappens, auf dem Helm mit schwarz-silbernen Decken ein wachsender schwarzer, rot bewehrter und gezungter, golden gekrönter Löwenrumpf zwischen einem silbernen Flug (Loutsch, Gruber, Siebmacher Band: NaA Seite: 16 Tafel: 21).

Abb.: Wappen Kerpen und Esch

Heraldisch unten links befindet sich das Wappen der Vogt von Hunoldstein, von denen es eine jüngere und eine ältere Linie gibt. Die ältere Linie war ein dynastisches Geschlecht und erlosch 1488. Sie führte in goldenem Feld zwei rote Balken, begleitet von roten Schindeln, im Gruber 10 (4:3:2:1) oder 12 (5:4:3). Siebmacher (Band Lothringen) gibt 12 (5:4:2:1) bzw. 12 (5:4:3) an. Die genaue Anzahl der Schindeln galt damals noch nicht als bedeutungsunterscheidend. Als Helmzier führten die Vögte von Hunol(d)stein älterer Linie einen schwarzen Rüdenrumpf (Wolfsrumpf mit Halsband) zwischen einem silbernen (Gruber) oder schwarzen (Siebmacher Lothringen) Flug, Decken schwarz-silbern (Gruber) oder rot-golden (Siebmacher). Abweichende Kleinode sind bekannt. Die Vogt von Hunol(d)stein jüngerer Linie, mit denen wir es hier zu tun haben, führten in silbernem Feld zwei rote Balken, begleitet von roten Schindeln, nach Gruber 10 (4:3:2:1) oder 12 (5:4:3), hier 12 (5:4:3). Als Helmzier führten sie auf gekröntem Helm einen barhäuptigen Mohrenrumpf (Gruber) bzw. Hunnenrumpf (Siebmacher) oder einfach einen bärtigen Mannesrumpf ohne Arme in wie der Schild bez. Gewand (hier kaum noch aufgelöst), Haar und Bart schwarz. Die Decken sind nach Gruber und Siebmacher rot-silbern. Abweichende Kleinode sind bekannt, Abb. bei Zobel, Tafel 159, Gruber S. 60-61, Siebmacher Band: Lot Seite: 29 Tafel: 20, Band: Bad Seite: 56 Tafel: 34, Band: Bay Seite: 13 Tafel: 7, Band: Na Seite: 2 Tafel: 2, Band: PrGfN Seite: 33 Tafel: 25.

Abb.: Wappen Beyer von Boppard und Vogt von Hunoldstein

Philippa von Kerpen (-15.5.1526) war die Tochter von Jacob von Kerpen, Herr von Kerpen und zu Mersch, und Johanna Beyer von Boppard. Stoyans Adel Digital folgt Möller und endet hier. Für weiterführende Genealogie schauen wir bei Humbracht nach: Auf dem Blatt Soetern finden wir ebenfalls Jacob von Kerpen und Johanna Beyer von Boppard. Das scheint also unstrittig und offenbart schon einmal einen wichtigen Unterschied zur Reliefplatte ihres Ehemannes: Hier ist die Anordnung der Wappen nicht oben 1-2, unten 3-4, sondern rechts von oben nach unten 1-2 und links von oben nach unten 3-4, also oben 1-3 und unten 2-4. Die andere Anordnung und das abweichende Material zeigen, daß beide Platten nicht in einem Guß konzipiert und gehauen wurden, sondern mit zeitlichem Abstand nacheinander, immerhin liegen die Todesdaten fast 19 Jahre auseinander. Auch sitzen die beiden unteren Wappen gestaltungsbedingt tiefer als auf der Reliefplatte für den Ehemann.

Nun zu den Großeltern Philippas: Auf dem Blatt Kerpen sind es bei Humbracht väterlicherseits Thomas von Kerpen und Katharina von Sierck, was aufgrund der Wappen sicher ausgeschlossen werden kann, und mütterlicherseits Henrich Beyer von Boppard und Johanna von Lenoncourt, was ebenfalls anhand der Wappen ins Reich der Legende verwiesen werden kann. Dafür findet sich bei Humbracht eine Generation höher ein weiterer Jacob von Kerpen, Ritter und Herr zu Mers(ch), der eine Johanna Beyer von Boppard geheiratet hat, die Tochter von Friedrich Beyer von Boppard und einer Frau von Hunoldstein war, die aber in der Stammtafel keinen Anschluß zu Philippa haben, ein offensichtlicher Fehler. Für diesen zweiten Jacob gibt Humbracht als Eltern an: Johann Herr zu Kerpen und Warsberg und Metze Erbin zu Mörsch (= Mersch) im Luxemburgischen, ohne Nachnamen dieser Metze. Also Metze von Esch? Nein, denn die von Esch waren nie Erben zu Mersch. Auf gleicher Ebene führt Humbracht aber besagten Johanns Bruder Adam von Kerpen an, der eine Elisabeth von Esch geheiratet hat, und das würde zu der Wappenanordnung passen, ein dritter Zuordnungs-Fehler bei Humbracht. Zum vierten Wappen werfen wir bei Humbracht noch einen Blick auf die Tafel Vogt von Hunoldstein: Dort finden wir eine nicht namentlich bekannte Frau, Tochter des Niclas Vogt von Hunoldstein und Ida Schenk von Erbach, die Friedrich Beyer von Boppard geheiratet hatte. Somit lassen sich alle vier Wappen dieser Platte in der Genealogie wiederfinden und belegen, daß Humbracht etliche fehlerhafte Zuordnungen getroffen hat.

Eine Tochter dieses Ehepaares war Margarethe von Soetern, welche Kaspar II. von Cronberg (-1573) aus dem Flügelstamm ehelichte, den Sohn von Kaspar I. von Cronberg (-1521) und Katharina von Cronberg.

Literatur, Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps: https://www.google.de/maps/@49.2174854,7.0178719,19z?entry=ttu - https://www.google.de/maps/@49.2174384,7.0179076,73m/data=!3m1!1e3?entry=ttu
Stift St. Arnual auf Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Stift_Sankt_Arnual
Webseite des Stifts St. Arnual:
https://ev-stift-st-arnual.de/
Stiftskirche St. Arnual:
https://ev-stift-st-arnual.de/stiftskirche/stiftskirche-st-arnual/
Ev. Kirchengemeinde St. Arnual:
https://evangelische-kirche-st-arnual.de/
Geschichte der Stiftskirche auf den Seiten der ev. Kirchengemeinde:
https://evangelische-kirche-st-arnual.de/gottesdienste-2/
Verwendung der Innenaufnahmen mit
freundlicher Erlaubnis von Herrn Prof. Dr. Joachim Conrad vom 27.10.2024, wofür ihm an dieser Stelle herzlich gedankt sei.
Stammtafeln von Humbracht
Wappenbücher wie angegeben, siehe allgemeines Literaturverzeichnis
Familie von Kerpen auf Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Kerpen_(Adelsgeschlecht)
Familie Beyer von Boppard auf Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Beyer_von_Boppard
Familie Vogt von Hunoldstein:
https://de.wikipedia.org/wiki/Hunolstein_(Adelsgeschlecht)
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
Ein herzliches Dankeschön an Herrn Rolf Heintz für den Hinweis auf die von Brücken und weitere wertvolle Hinweise

Ortsregister - Namensregister - Regional-Index
Zurück zur Übersicht Heraldik

Home

© Copyright / Urheberrecht an Text, Graphik und Photos: Bernhard Peter 2024
Impressum