Bernhard Peter
Historische heraldische Exlibris (22)

Exlibris von Georg Otto:
Ein heraldisches Exlibris aus dem Jahr 1931, entworfen von Georg Otto (1868-1939) für Otto Haak (Klischeedruck, 9.8 x 6.5 cm). Otto Haak - der großzügige Mäzen so vieler Künstler und Aufrisse, hier ein weiterer. Das Wappen ist gewendet, der Schild in Tartschenform. Die Devise "Niemals verzagen" steht auf einem kreisförmiges Band, welches sich unten zwischen Helm und Schildrand hinten durchzieht, die Helmzier umkreist und heraldisch rechts mit den Helmdecken verschränkt ist, deren Zipfel sich um das Band herumwinden. Der helle Aufriß mit den dynamisch-kraftvollen Helmdecken kommt vor dem dunklen Hintergrund gut zur Geltung, der außen durch ein doppelt eingefaßten Rahmen mit gestückter Füllung zur Rechteckform abgeschlossen wird. Signatur und Datierung sind optisch unten rechts neben der Tartsche. Typisch für den Stil Georg Ottos sind die Helmdecken, deren Längskanten fast überall von einem ganz dünnen Streifen umgeschlagenen Stoffes begleitet werden, der über das Band gelegte Kontrastzipfel in Gegenfarbe erlaubt. Das Wappen Haak zeigt in Rot ein goldenes Andreaskreuz, mit zwei schwarzen, schräggekreuzten Feuerhaken belegt, auf dem rot-golden bewulsteten Helm mit rot-goldenen Decken ein goldener Löwe wachsend zwischen einem roten Flug, einen schwarzen Feuerhaken pfahlweise vor sich haltend. In diesem Exlibris sind noch zwei kleinere Wappenschilde enthalten, beide auf den zurückspringenden Teil des Schriftbandes mit dem Eignernamen am unteren Rand aufgelegt und nach innen geneigt, optisch rechts unten das Wappen der Stadt Berlin, in Silber ein aufgerichteter schwarzer Bär, der Buchhändler Otto Haak lebte in Berlin, und optisch links das Wappen der Stadt Hamburg, in Rot eine silberne Burg mit drei Türmen, der mittlere Turm mit einem Kreuz auf der Spitze, über den beiden Seitentürmen je ein silberner Stern.

Exlibris von Georg Otto:
Ein heraldisches Exlibris aus dem Jahr 1906, entworfen von Georg Otto (1868-1939) für Kronprinzessin Cecilie (Klischeedruck, 10.0 x 6.0 cm). Kronprinzessin Cecilie, das ist Cecilie Auguste Marie Herzogin zu Mecklenburg-Schwerin (20.9.1886 - 6.5.1954), vermählt mit Kronprinz Friedrich Wilhelm Viktor August Ernst v. Preußen (6.5.1882 - 20.7.1951), Sohn von Kaiser Wilhelm II. (27.1.1859 - 4.6.1941) und Augusta Victoria Friederike Louise Feodora Jenny Prinzessin v. Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg (22.10.1858 - 11.4.1921). Damit reiht sich dieses Exlibris ein in eine Serie von Aufträgen für das Kaiserhaus, die Georg Otto erhielt, 1893 fertigte er das Exlibris der Kaiserin Auguste Viktoria, 1900 das Exlibris der Prinzen Adalbert, August Wilhelm und Oskar, dann dieses, schließlich 1908 das Blatt für den Kronprinzen. Kronprinzessin Cecilie selbst war die Tochter von Friedrich Franz III. Paul Nikolaus Ernst Heinrich Großherzog v. Mecklenburg-Schwerin (19.3.1851 - 10.4.1897) und Anastasia Michailowna Welikaja Knjasna Romanowa (16.7.1860 - 11.3.1922). Durch den Verzicht ihres Mannes auf die Thronfolge am 1.12.1918 war sie die letzte Kronprinzessin des deutschen Kaiserhauses. Sie ging übrigens 1918 nicht mit Ehemann und Schwiegervater ins Exil, sondern blieb in Berlin und widmete sich karitativen Aufgaben. 1933 zog sie sich auf das nach ihr benannte Schloß Cecilienhof nach Potsdam zurück. 1945 floh sie nach Bad Kissingen.

Das Blatt ist schlicht in seiner Gestaltung und orientiert sich an frühgotischen Vorbildern. Schon der Kübelhelm, die ungeteilten Helmdecken und die Dreieckschildform folgen einer frühgotischen Formensprache. Die zwei Schilde für Kronprinz und Kronprinzessin sind gegeneinander geneigt und überlappen sich, vereinigt unter der Helmzier des Kronprinzen. Interessant ist hierbei, daß hier völlig auf die mittlerweile viele Felder besitzenden Wappen der Hochadelsfamilien verzichtet wurde, sondern auf ganz einfache, schlichte Stammwappen zurückgegriffen wurde. Dabei wurde nicht etwa der Mecklenburger Stierkopf gewählt, sondern der Greif, der im vermehrten Mecklenburger Wappen für die Herrschaft Rostock steht. Das erste nachweisbare Siegel eines mecklenburgischen Fürsten ist das des Heinrich Burwy I., gest. 1227, dieser führte einen Greif, desgleichen dessen älterer Sohn Heinrich Burwy II (Borwin II.), gest. 1226, Fürst von Rostock. Dessen jüngerer Bruder, Nikolaus II. Fürst zu Mecklenburg, führte den Stierkopf. Auf Heinrich gehen die Linien Mecklenburg, Rostock, Werle und Parchim zurück. Die Linien Mecklenburg, Werle und Parchim führten den Stierkopf, die Linie Rostock den Greif, golden in blauem Feld. Der letzte dieser Linie war Nikolaus, gest. 1314 (Abb. im Siebmacher Landesfürsten, Tafel 93). Hier erfolgte also ein Rückgriff auf Siegelmotive der ältesten Vorfahren der Mecklenburger, denn das älteste Wappenmotiv war der Greif, der Stierkopf war das Wappenzeichen der jüngeren Linien, auch wenn diese die ältere Linie beerbten und Rostock nach dem Aussterben der Rostocker Linie als dänisches Lehen empfingen. Auch beim Kronprinzen ist diese Tendenz zu beobachten. Der Kronprinz des deutschen Kaiserreiches führte eigentlich innerhalb eines roten Bordes in Gold den schwarzen Adler des Reiches, belegt mit einem silbernen Mittelschild mit schwarzem preußischem Adler, dieser wiederum mit einem Brustschild der Hohenzollern belegt (silbern-schwarz geviert) - so als größeres Wappen. Der Bord ist im Exlibris vorhanden, der Brustschild ebenso, aber der Adler ist weder gekrönt noch hat er Objekte in den Fängen, auch hier erfolgte stilistisch der Rückgriff auf ältere Darstellungsweisen, wie sich auch ganz deutlich bei dem 1908 für den Kronprinzen geschaffenen Blatt abzeichnete, jenes folgte darstellerisch einem Siegel des Kurfürsten Friedrich I. aus dem Jahre 1418.

Exlibris von Adolf M. Hildebrandt:
Ein heraldisches Exlibris aus dem Jahr 1896, entworfen von Adolf M. Hildebrandt (1844-1918) für Paul Nicolaus Ratajczak (85 x 54 mm, zweifarbiger, schwarz-roter Buchdruck, Witte, Bibliographie 2, 35; Thieme-Becker 17; Gutenberg 25.673; Leiningen-Westerburg 98). Paul Nicolaus Ratajczak, geb. 27.3.1862, lebte in Berlin und war als Inhaber eines Eisenwarenhandels tätig, wobei die Familie aber polnischen Ursprungs ist. Das Wappenbild zeigt einen erhöht geteilten Schild, oben in Rot ein wachsender silberner Adler, unten in Silber auf grünem Boden ein geißelschwingender Mann in polnischer Nationaltracht. Nicht nur die Tracht ist ein Hinweis auf die Herkunft aus dem Königreich Polen, sondern auch die obere Schildhälfte. Sie zitiert das polnische Staatswappen, zur oberen Hälfte reduziert. Und dazu ist das Wappen ein redendes, denn der Name Ratajczak bedeutet "Voigtchen", "kleiner Vogt", ferner waren die Ahnen des Eigners tatsächlich Fronvögte und Aufseher im Dienste des Ortsadels. Diesen Bezug greift die Gestalt des geißelschwingenden Antreibers der Leibeigenen auf. Auf dem bewulsteten Helm ein wachsender Arm mit der Geißel aus dem Schild.

Es handelt sich um eine der zierlichsten Arbeiten Hildebrandts. Typisch für ihn ist der asymmetrische Aufbau des Blattes mit exzentrisch gesetztem Wappen, ferner der Helm mit Perspektivenwechsel, der die Hildebrandt-Helme einerseits unverwechselbar macht, andererseits verbesserungsfähig. Das Band mit dem Motto "sempre avanti" windet sich äußerst beschwingt und dynamisch hinter der Helmzier her. Die blockartig gefaßte Schrift "ex libris meis" und der dunkle, rechteckige Balken des Eignernamens kontrastieren mit der leichten, beschwingten Wappendarstellung, wobei die Flächen optisch links oben und rechts unten von filigranem, rotem Rankenwerk ausgefüllt werden. Ein Blatt der Gegensätze, hier heitere, leichte Züge voller Bewegung, dort wuchtige, eckige Elemente, beide vernetzt durch den roten, ornamentalen Hintergrund, der die beiden anderen Quadranten dominiert. Für den gleichen Eigner gibt es noch mehrere andere Aufrisse, so z. B. von Rheude 1900 und von Otto 1895.

Exlibris von Adolf M. Hildebrandt:
Ein auf 1893 datiertes heraldisches Exlibris, entworfen von Adolf M. Hildebrandt (1844-1918) für Wilhelm Prinz von Stolberg-Wernigerode (Klischeedruck, 8.5 x 6.7 cm). Das Blatt entbehrt einer Signatur, es kann aber aufgrund des Stiles dem Künstler zugeordnet werden. Das rechteckige Blatt hat innerhalb eines floral geschmückten Rahmens ein asymmetrisch gelegtes Innenfeld mit dem Vollwappen Stolberg-Wernigerode, geviert, Feld 1 und 4: in Gold ein schreitender schwarzer Hirsch (Stammwappen, Grafschaft Stolberg), Feld 2 und 3: in Silber zwei rote, pfahlweise gestellte und in der Mitte nach außen gekrümmte Fische (Forellen) nebeneinander (Grafschaft Wernigerode). Auf gekröntem Helm mit schwarz-goldenen Decken ein natürlicher (grüner) Pfauenstoß zwischen zwei silbernen Federn (Grafschaft Stolberg). Das Exlibris ist für Friedrich Wilhelm Heinrich Prinz zu Stolberg-Wernigerode (23.7.1870 - 23.1.1931), Dr. jur. und Gesandter, später vermählt am 19.1.1910 in Schönberg mit Marie Elisabeth (Edda) Donata Prinzessin zu Erbach-Schönberg (7.7.1883 - 12.3.1966).

Der Eigner war der Sohn von Otto Fürst zu Stolberg-Wernigerode, Graf zu Königstein, Rochefort, Wernigerode u. Hohnstein (30.10.1837 - 19.11.1896), Herr zu Eppstein, Münzenberg, Breuberg, Agimont, Lohra und Klettenberg, 1854 erbliches Mitglied des preußischen Herrenhauses, 1867-1873 Oberpräsident der Provinz Hannover, 1872-1876 Präsident des Preußischen Herrenhauses, 1878-1881 stellvertretender Reichskanzler und Vizepräsident des preußischen Staatsministeriums, sozusagen "zweiter Mann hinter Bismarck", 1876 deutscher Botschafter in Wien, 1884-1894 Oberstkämmerer, preußischer Generalleutnant, 22.10.1890 preußischer Fürst (der Fürstentitel war ihm bereits 1861 angeboten worden), 1893 von Kaiser Wilhelm II. entlassen. Fürst Otto hatte am 22.8.1863 in Stonsdorf Anna Elisabeth Prinzessin Reuss-Köstritz (9.1.1837 - 2.2.1907) geheiratet, die Mutter des Exlibris-Eigners.

Vier einfache Wappenschilde, aufgrund des asymmetrischen Konzeptes drei auf der optisch linken Seite und eines in der rechten oberen Ecke, bilden zusammen die Ahnenprobe des Eigners, wobei sich auffälligerweise ein Wappenschild wiederholt. Diese vier Schilde erlauben auch die sichere Zuordnung des Eigners. Heraldisch rechts oben ist der Schild für die Grafschaft Stolberg (in Gold ein schreitender schwarzer Hirsch, gewendet), desgleichen rechts unten. In der Mitte der heraldisch rechten Seite befindet sich ein Schild für die Grafschaft Erbach (rot-silbern geteilt mit drei (2:1) sechsstrahligen Sternen in verwechselten Farben), und im linken oberen Eck vollendet ein Schild für die Grafschaft Reuss jüngerer Linie (in Schwarz ein rotbewehrter und rotgekrönter goldener Löwe) die Ahnenprobe.

Die vier dazu passenden Großeltern sind väterlicherseits Hermann Erbgraf zu Stolberg-Wernigerode (30.9.1802 - 24.10.1841) und dessen Ehefrau Emma Louise Sophie Victorie Henriette Adelaide Charlotte Gräfin zu Erbach-Fürstenau (11.7.1811 - 1.12.1889), sowie mütterlicherseits Heinrich LXIII. Graf Reuss-Köstritz (18.6.1786 - 27.9.1841) und dessen zweite Frau Karoline Gräfin zu Stolberg-Wernigerode (16.12.1806 - 26.8.1896) - er hatte in erster Ehe übrigens eine Verwandte, Eleonore Gräfin zu Stolberg-Wernigerode geheiratet, die aber nicht die Großmutter des Exlibriseigners war.

Der Exlibriseigner trägt den Titel eines Prinzen, da der Fürstentitel an den erstgeborenen älteren Bruder ging, Christian Ernst Hermann Fürst zu Stolberg-Wernigerode, Graf zu Königstein, Rochefort, Wernigerode u. Hohnstein (28.9.1864 - 3.8.1940). Ein weiterer älterer Bruder war Hermann Prinz zu Stolberg-Wernigerode (8.7.1867 - 1.6.1913), als dritter Sohn kam der Exlibris-Eigner, gefolgt von Heinrich Prinz zu Stolberg-Wernigerode (27.7.1871 - 15.7.1874), dazu gab es noch drei Schwestern, Elisabeth Prinzessin zu Stolberg-Wernigerode (1.5.1866 - 30.1.1928), Marie Prinzessin zu Stolberg-Wernigerode (5.10.1872 - 11.1.1950) und Emma Karoline Prinzessin zu Stolberg-Wernigerode (20.7.1875 - 5.4.1956).

Exlibris von Adolf M. Hildebrandt:
Ein undatiertes heraldisches Exlibris, entworfen von Adolf M. Hildebrandt (1844-1918) für Karl Seger (Gutenberg 25.683, farbiger Klischeedruck, 10.0 x 7.0 cm). Karl Seger war Justizrat und Notar in Berlin und Mitglied im Exlibris-Verein Berlin. Die rechteckige Grundstruktur wird an den vier Ecken bauchig erweitert, in jeder dieser Ausbuchtungen kommt ein Granatapfel der vegetabilen Füllung zu liegen. Auf diesem Hintergrund bildet ein langgestreckter Vierpaß einen Rahmen für das mittig angeordnete Vollwappen. Der Vierpaß greift seitlich über den Rechteckrahmen, und oben sowie unten schließt er mit einem kleinen Muschelornament jenseits des Rechteckbegrenzung. Die beiden mittleren Ausbuchtungen des Vierpasses geben den Helmdecken Raum, die obere der Helmzier. Die untere, ansonsten leere Ausbuchtung überspannt das gewundene Schriftband mit dem Eignernamen. Das Wappen Seger zeigt in Silber einen rot mit silbernen Aufschlägen gekleideten Mann, mit der Rechten ein silbernes Sägeblatt haltend (redendes Wappen), die Linke eingestemmt, auf dem Helm mit rot-silbernen Decken der Mann mit der Säge wachsend. Ein ganz ähnliches Wappen ist im Siebmacher übrigens unter "Seeger" aus Nürnberg verzeichnet, einzige Unterschiede: Die Säge ist blau mit goldenen Handgriffen, und der Mann wird oben von zwei Sternen beseitet, Oberwappen identisch (Siebmacher Band: Bg2 Seite: 22 Tafel: 37).

Exlibris von Georg Otto:
Ein heraldisches Exlibris aus dem Jahr 1911, entworfen von Georg Otto (1868-1939) für August Freiherr von Schorlemer (Klischeedruck, 9.2 x 7.0 cm). Das Wappen Schorlemer zeigt in Rot einen silbernen Wechselzinnenbalken, auf dem gekrönten Helm mit rot-silbernen Decken drei goldene Tarsten (Schalmeien, Spickel, Tuben - je nach Quelle), oben je mit fünf grünen Schilfblättern (so nach dem Westfälischen Wappenbuch) oder schwarzen Hahnenfedern (so nach dem Siebmacher) besteckt. Otto Hupp zeichnet sie silbern mit goldenen Beschlägen und schwarzen Hahnenfedern. Das Wappen wird beschrieben im Westfälischen Wappenbuch, ferner im Siebmacher Band: Ost Seite: 414 Tafel: 161, Band: Pr Seite: 365 Tafel: 415, Band: PrA Seite: 82 Tafel: 61, weiterhin im Alten Siebmacher von 1605 und im Münchner Kalender 1927. Dabei gibt es zwei unterschiedliche Varianten des Wappens dieses westfälischen Geschlechtes, die andere Variante mit invertierten Farben: Die im 18. Jh. ausgestorbene Linie zu Overhagen führte in Silber einen roten, schrägrechten Wechselzinnenbalken, auf dem rot-silbern bewulsteten Helm mit rot-silbernen Decken drei silberne Tarsten (Schalmeien). Die jetzt noch blühende Linie der Freiherren von Schorlemer führen den Schild jedenfalls rot und den Balken silbern, und so wäre auch das Exlibris zu tingieren, desgleichen die Objekte der Helmzier mit goldenen Halterungen und grünen oder schwarzen Hahnenfedern. Der Wahlspruch lautet "Robore ac valore" und ist halbkreisförmig entlang des Bogens angeordnet.

Stilistisch sind hier mehrere Dinge hervorzuheben: Die Helmdecken bestehen auf jeder Seite aus zwei großen Bahnen gerafften Tuches, die weit um den Schild herumgreifen und im Grunde zu groß sind, was insbesondere auffällt, wenn man den Aufriß isoliert ohne den Rahmen betrachtet. Da das Wappen auf einem Bücherstapel ruht, entstehen ungewöhnlich große Leerräume, die der Künstler mit diesem Tuch füllt, das dadurch im oberen Teil zu lange gestreckt verläuft. Daran ist auch die zwischen den beiden Stoffbahnen heraustretende Schnur auf beiden Seiten schuld, eine künstlerisch innovative Idee, die aber aufgrund ihres Platzbedarfes Probleme schafft, die letztendlich zu einer Unausgewogenheit führen. Drei fächerförmig gestellte Halterungen mit Hahnenfedern eignen sich zudem eher für eine frontale Darstellung; der Künstler hat sich aber für einen Aufriß im Profil entschieden. So, wie der Helm steht, müßten sich die drei Elemente der Helmzier eigentlich zum Großteil überdecken. Um die Lage zu retten und seine Profildarstellung beizubehalten, hat der Künstler die drei Elemente ins Halbprofil gestellt und perspektivisch nach hinten verkürzt, auch wenn sie dadurch eigentlich auf dem Helm in schräger Reihe befestigt sein müßten. Im Vergleich dazu hat Otto Hupp bei seinem Aufriß im Münchner Kalender zwar auch einen Helm im Profil gewählt, aber alle drei Helmzierteile mutig in der Mittellinie desselben angeordnet, was wieder harmonisch aussieht und legitim ist. Heraldischer Stil bedeutet eben auch, daß man sich in das Paradigma einer stilistisch prägenden Zeit begibt, in der Heraldik nicht Tummelplatz perspektivischer Experimente war. Bei aller Anerkennung der Versuche, so Dynamik und Tiefe in den Aufriß zu bringen, befriedigender wäre eine frontale Darstellung oder die Hupp'sche Variante gewesen.

Exlibris von Adolf M. Hildebrandt:
Ein undatiertes heraldisches Exlibris, entworfen von Adolf M. Hildebrandt (1844-1918) für Walter Schneider (schwarz-weißer Klischeedruck, 5.1x 3.6 cm). Der Eigner tritt als Auftraggeber verschiedener Exlibris in Erscheinung, dieses hier ist eines der kleinsten. Das winzige Blatt ist rechts unten im Rahmen monogrammiert, aber nicht datiert. Das Wappen Schneider ist ein redendes Wappen, denn es zeigt in Rot eine aufrechte, offene, silberne Schneiderschere. Auf dem Helm wachsend ein roter, kreisförmig nach vorn gekrümmter Lindenast mit sieben auswärts gerichteten grünen Blättern, einen auf dem untersten rechten, gestümmelten Seitenast sitzenden, goldenen, flugbereiten, singenden Vogel (Nachtigall) einschließend. Helmdecken rot-silbern. Das Wappen wird im Siebmacher Band Bg9, S. 78, T. 95 beschrieben. Walter Leonhard Sebastian Schneider, geb. am 4.6.1878 in Bretzenheim bei Mainz, war Opernsänger, erst in Köln und Aachen und seit 1905 an der Oper in Frankfurt am Main. Die Nachtigall ist ein kleiner persönlicher Hinweis auf die Tätigkeit als Opernsänger. Ein kleiner Schild im rechten unteren Eck zeigt in Blau einen königlich gekrönten, golden bewehrten, von Silber und Rot neunmal geteilten Löwen mit Doppelschweif, der in der rechten Pranke ein silbernes Schwert schwingt, für das Großherzogtum Hessen-Darmstadt.

Exlibris von Rodo von Haken:
Ein heraldisches Exlibris aus dem Jahr 1904, entworfen von Roderich von Haken (8.9.1867-1929) für Lorenz Rheude (Gutenberg 24.173, farbiger Klischeedruck, 7.8 x 5.8 cm). Zwei Inschriftenbänder bilden den Hintergrund für das linksgekehrte Vollwappen, oben ein horizontales hinter der Helmzier mit der Aufschrift "ex libris", unten ein kreisförmiges, welches den tartschenförmigen Schild und den Helm umschließt und den Eignernamen sowie die auf dem Kopf stehende Datierung in römischen Zahlzeichen enthält. Die Künstlersignatur läuft am unteren Rand des kreisförmigen Bandes entlang. Das Wappen Rheude ist im Stützbogen-Kleeblattschnitt (2:1) rot-silbern geteilt, auf dem rot-silbern bewulstetem Stechhelm mit ebensolchen Decken ein Flügel wie der Schild. Dabei ist hier eine altmodische Form des Fluges gewählt worden, bestehend aus einem Brett in den Teilungen und den Farben des Schildes, in welches oben abwechselnd rote und silberne Federn gesteckt sind. Lorenz M. Rheude, Kunstmaler und Heraldiker in München, hat das Wappen im Jahre 1892 für sich und seine Brüder Josef und Max angenommen. Das Wappen wird beschrieben im Siebmacher Band Bg11, S. 66, T. 8. Die Komposition wird unten von zwei einwärts geneigten Schilden begleitet, heraldisch rechts die blau-silbernen Rauten Bayerns (Rheude lebte in München), heraldisch links in Rot die drei (2:1) silbernen Schildchen, das Berufswappen der Künstler. Die Helmdecken haben eine für von Haken typische Form, wie sie auch bei mehreren Haak-Exlibris zu sehen ist und bei einem sehr ähnlichen, ebenfalls für Rheude geschaffenen, auf jeder Seite mit einer größeren Einheit, die sich entlang der Mittelfalte bogenförmig aufwärts biegt und die ähnlich gestalteten Zipfel dadurch fächerförmig der Biegung folgen läßt, bis auf jeder Seite der Schwung dieser Biegung durch einen kleinen Überschlag in Gegenrichtung endet.

Exlibris von Heinrich Hinzmann:
Ein heraldisches Exlibris aus dem Jahr 1910, entworfen von Heinrich Hinzmann (28.12.1860-1.3.1926) für Otto Haak (Gutenberg 25.751, farbiger Klischeedruck,10.2 x 6.1 cm). Viele Eigner ließen sich mehrere Exlibris anfertigen, weil ein echter Sammler und Begeisterter die Abwechslung und Fülle möglicher Darstellungen liebt. Keiner hat jedoch so konsequent alle namhaften Künstler seiner Zeit immer wieder um neue Gestaltungen gebeten wie Otto Haak, die Zahl der für ihn angefertigten heraldischen Exlibris ist jedenfalls ungewöhnlich hoch. Dieser Aufriß zeigt ein linksgewendetes Wappen, die Wahl fiel hier auf zusammenhängende Tuchbahnen ohne Zaddeln als Helmdecken, die aber kunstvoll gefaltet sind, um ein ausgewogenes Verhältnis beider Farben in guter Verteilung zu erzielen, was mitunter etwas steif und gekünstelt aussieht. Und man nimmt mit Erstaunen wahr, daß hier die Farbe Gold nach außen gelegt wurde. Zusätzlich kommen hinter dem Schild zwei goldene Schnüre mit abschließender Troddel hervor, die um das Bambus-Stabwerk (Knoten!) des Rahmens geschlungen sind und das Wappen quasi in dem Bambus-Gestänge lose anbinden, genauso wie das Band mit der Eignerinschrift sich zu beiden Seiten mit seinen Doppel-Enden um die Stangen schlingt. Das Wappen Haak zeigt in Rot ein goldenes Andreaskreuz, mit zwei schwarzen, schräggekreuzten Feuerhaken belegt, auf dem Helm ein wachsender goldener Löwe zwischen einem roten Flug, einen schwarzen Feuerhaken pfahlweise vor sich haltend, Helmdecken rot-golden. Die Stangen der Feuerhaken sind übrigens genauso knotig gestaltet wie das Rahmenwerk.

Exlibris von Georg Otto:
Ein undatiertes heraldisches Exlibris, entworfen von Georg Otto (1868-1939) für Heinrich XXXIII Prinz Reuss jüngerer Linie (Klischeedruck, 6,5 x 4,3 cm). Das Exlibris zeigt das ganz schlichte Stammwappen der Familie, nicht den um Kranichfeld vermehrten Schild. Es ist nur ein kleines, aber in seiner noblen Beschränkung wirkungsvolles Blatt. Der schlanke Aufriß wird oben durch ein beiderseits einmal gewelltes Schriftband mit der Eignerbezeichnung umrahmt, das auf der Höhe des Helmhalses endet.

Der Schild zeigt in Schwarz einen rotbewehrten und rotgekrönten goldenen Löwen. Der Schwanz des Löwen ist einfach, da es sich um die jüngere Linie handelt. Die Löwen der älteren Linie Reuß tragen immer einen Doppelschwanz. Das ursprüngliche Kleinod der Reuß sind Pfauenfedern zu schwarz-goldenen Decken, die schon lange nicht mehr geführt werden, statt dessen wird als Helmzier zu schwarz-silbernen Helmdecken ein silbern-schwarz gespaltener Brackenrumpf geführt (Kleinod der jüngeren Linie).

Heinrich XXXIII. Prinz Reuss-Köstritz (26.7.1879 - 15.11.1942) war Dr. phil. sowie kaiserlicher deutscher Botschaftssekretär, ferner Rittmeister à la suite der kgl. preußischen Armee. Die Genealogie der Familie kann nur durch Nummern kontrollierbar gehalten werden, da fast alle männlichen Familienangehörigen den Vornamen Heinrich trugen, und keine weiteren unterscheidenden Rufnamen. So kommt es teilweise zu ungewöhnlich hohen Ziffern bei der Numerierung der unterschiedlichen Heinriche.

Heinrich XXXIII. war der Sohn von Heinrich VII. Prinz Reuss-Köstritz (14.7.1825 - 2.5.1906), kgl. preußischer General der Kavallerie, General-Adjutant des Kaisers, kaiserlicher deutscher Botschafter in Wien, sowie von Maria Anna Alexandrine Sophie Auguste Helene Prinzessin v. Sachsen-Weimar-Eisenach (20.1.1849 - 6.5.1922). Auch die Brüder von Heinrich XXXIII. hießen alle Heinrich, es waren dies Heinrich XXXII. Prinz Reuss-Köstritz (4.3.1878 - 6.5.1935) und Heinrich XXXV. Prinz Reuss-Köstritz (1.8.1887 - 17.1.1936), seine Schwester war Sophie Renate Prinzessin Reuss-Köstritz (27.6.1884 - 19.1.1968).

Der Exlibris-Eigner Heinrich XXXIII. Prinz Reuss-Köstritz heiratete am 17.5.1913 in Potsdam in erster Ehe Prinzessin Victoria Margarethe Elisabeth Marie Adelheid Ulrike v. Preußen (17.4.1890 - 9.9.1923) und in zweiter Ehe am 10.4.1929 in Paris Allene Tew (7.7.1876 - 1.5.1955). Aus der ersten Ehe entsprossen zwei Kinder, Maria Louise Friederike Viktoria Wilhelmina Renata Charlotte Prinzessin Reuss (9.1.1915 - 17.6.1985) und der am 24.11.1916 geborene Heinrich II. Prinz Reuss.

Literatur, Quellen und Links:
Elke Schutt-Kehm, Exlibris-Katalog des Gutenberg-Museums, 2. Teil, Band 1: A-K, 720 Seiten, 1685 Abb., Verlag Claus Wittal, Wiesbaden, 1998, ISBN 978-3-922 835-31-8.
Elke Schutt-Kehm, Exlibris-Katalog des Gutenberg-Museums, 2. Teil, Band 2: L-Z, 736 Seiten, 1795 Abb., Verlag Claus Wittal, Wiesbaden, 1998, ISBN 978-3-922 835-32-5
Claus Wittal, Eignerverzeichnis zum Exlibris-Katalog des Gutenberg-Museums, Verlag Claus Wittal, 2003, 336 Seiten, 595 Abb., ISBN 978-3-922 835-33-2
Siebmachers Wappenbücher
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
Georg Otto:
http://www.jursitzky.net/Biographie_Otto_Georg.htm
Hugo Gerard Ströhl, Deutsche Wappenrolle, Reprint von 1897, Komet Verlag Köln, ISBN 3-89836-545-X
Wolfgang Mecklenburg, Hans Brendicke et al.: Ex libris: Buchkunst und angewandte Graphik, Band 6 (1871)
http://books.google.de/books?id=ZZ8aAAAAYAAJ&printsec=frontcover&source=gbs_atb#v=onepage&q&f=false
Schorlemer: Otto Hupp, Münchener Kalender 1927, Buch u. Kunstdruckerei AG München u. Regensburg, 1927.
Schorlemer: Biographien bedeutender Familienmitglieder:
http://daten.digitale-sammlungen.de/~db/0001/bsb00019558/images/index.html?id=00019558&fip=193.174.98.30&no=&seite=499

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