Bernhard Peter
Britische, historische, heraldische Exlibris (2)

Exlibris von Charles William Sherborn:
Ein heraldisches Exlibris aus dem Jahr 1892, entworfen von Charles William Sherborn (1831-1912) für Lloyd Lord Kenyon Baron of Gredington. Künstlersignatur und Jahresangabe finden sich im linken unteren Eck unter der Schriftzone. Lord Kenyon Baron of Gredington ist ein Titel des englischen Peer-Systems. Er wurde 1788 geschaffen für den ersten dieses Namens, Lloyd Kenyon, 1st Baron Kenyon (5.10.1732-4.4.1802). Dieser stammte aus der Gegend von Flint und wurde ein wichtiger Jurist und Politiker, wurde 1784 Master of the Rolls und bekleidete damit das dritthöchste Richteramt im englischen Justizsystem. 1788 wurde er Lord Chief Justice, der zweithöchste Richter am Courts of England and Wales. Begleitend wurde Kenyon 1784 Baronet of Gredington und 1788 Lord Kenyon, Baron of Gredington. Ihm folgten nach George Kenyon, 2nd Baron Kenyon (1776-1855), Lloyd Kenyon, 3rd Baron Kenyon (1805-1869), Lloyd Tyrell-Kenyon, 4th Baron Kenyon (5.7.1864-30.11.1927) - 1912 gab es eine königliche Erlaubnis, den Namen um den Familiennamen "Tyrell" zu erweitern -, Lloyd Tyrell-Kenyon, 5th Baron Kenyon (1917-1993) und schließlich seit 1993 und derzeitig Lloyd Tyrell-Kenyon, 6th Baron Kenyon (geb. 1947), der aktuelle Titelträger. Aufgrund der Jahreszahl des Exlibris wurde es erstellt, als Lloyd Tyrell-Kenyon, 4th Baron Kenyon, Titelträger war, Enkel und Nachfolger des 3rd Baron Kenyon im kindlichen Alter von nur fünf Jahren, mit 21 Jahren das erste Mal im House of Lords. Er war neben seinen politischen Tätigkeiten noch Lord Lieutenant of Denbighshire. Er war seit 1916 vermählt mit Gwladys Julia, gest. 1965, Tochter des Colonel Henry Richard Lloyd Howard. Eine Rangkrone mit vier Perlen auf dem Reif (Baronet) ist zwischen Schild und Helm geschoben, keine gute Praxis.

Die Devise lautet: "MAGNANIMITER CRVCEM SVSTINE", "mit ganzem Herzen das Kreuz aufrechthalten", eine Anspielung auf den Löwen der Helmzier, der das Kreuz zwischen seinen Vorderpranken hält. Der Wappenschild ist geteilt und dreimal gespalten, Feld 1: Kenyon, in Schwarz ein goldener, gedornter Sparren zwischen drei (2:1) silbernen Dreilappenkreuzen, engl. sable a chevron engrailed or between three crosses flory argent. Im rechten Obereck in Form eines gestürzten Eisenhutes in Silber eine rote Hand (die sog. "Red Hand of Ulster", ein Zeichen eines Baronets, denn 1784 wurde die Baronet-Würde erlangt, dazu paßt auch die vierperlige Rangkrone). Feld 2: Rigby, in Gold ein schwarzes, mit fünf (1:3:1) goldenen, fünfstrahligen Sternen belegtes Dreilappenkreuz, engl. or on a cross flory sable five mullets or of the field. Feld 3: Lloyd of the Bryn, in von Hermelin und Gegenhermelin schräglinksgeteiltem Feld ein goldener Löwe, engl. per bend sinister ermine and ermines a lion rampant or. Feld 4: Eddowes, in von Hermelin und Gegenhermelin schrägrechtsgeteiltem Feld ein goldener Löwe, engl. per bend ermines and ermine a lion rampant or. Feld 5: Owen of Bodsilin, in Rot ein goldener Sparren zwischen drei (2:1) goldenen Löwen, engl. gules a chevron between 3 (2:1) lions rampant or, Feld 6: geviert aus Gore (in Rot ein goldener Balken zwischen drei (2:1) goldenen Steckkreuzchen) and Ormsby (in Rot ein goldener Schrägbalken zwischen sechs goldenen Steckkreuzchen), engl. quarterly, 1st and 4th gules a fesse between three crosses crosslet fitchy or, 2nd and 3rd gules a bend between six cross crosslet fitchy or. Feld 7: Tyrell, innerhalb eines roten, gedornten Bordes in Silber zwei blaue Sparren, engl. argent, two chevronels azure within a bordure engrailed gules, Feld 8: altes Wappen Kenyon, in Schwarz ein Rautenkreuz aus 9 (1:1:5:1:1) aneinanderstoßenden silbernen Rauten, darüber ein aus Blau und Hermelin gestückter Schrägbalken, engl. sable a cross lozengy argent, over all a bend compony azure and ermine (die Segmente sind blau, nicht purpurn, wie man anhand der Schraffur korrekterweise annehmen könnte, hier wurde aus nicht nachvollziehbaren Gründen die Schraffur entgegen den Regeln gekippt). Unter dem Schild hängt das Tyrell-Badge. Heute führen die Lord Kenyon i. a. einen aus Kenyon und Tyrell gevierten Schild.

Exlibris von Charles William Sherborn:
Ein heraldisches Exlibris aus dem Jahr 1898, entworfen von Charles William Sherborn (1831-1912) für die Bridgewater Library. Dieses ist das Wappen der Egerton, Earls of Bridgewater. Dies ist ein erblicher Adelstitel des englischen Peer-Systems, der zum ersten Mal an 1538 an Henry Daubeny, 9th Baron Daubeny (1494&ndash1548) verliehen wurde, der dadurch zum 1. Earl of Bridgewater erhoben wurde. Der frischgebackene Earl hatte aber keine Nachkommen, so daß der Titel mit ihm 1548 ausstarb. Nur zehn Jahre lang gab es diesen Peerage-Titel also. 1617 wurde der Titel wiederbelebt, als er an John Egerton, 2nd Viscount Brackley verliehen wurde. Zwischenzeitlich wurden sie zu Herzögen erhoben; Scroop Egerton, 4th Earl of Bridgewater (1681&ndash1745) wurde 1720 zum Duke of Bridgewater ernannt. Diese Linie starb aber 1803 mit Francis Egerton, 3rd Duke of Bridgewater, 6th Earl of Bridgewater (1736&ndash1803) aus, danach ging es wieder "normal" mit den Earls of Bridgewater weiter, bis der Titel 1829 mit dem äußerst exzentrischen, nie vermählten Francis Henry Egerton, 8th Earl of Bridgewater (1756-11.2.1829) mangels eines lebenden Abkömmlings in gerader männlicher Linie des ersten Earls erlosch. Dieser letzte Titelträger war der Sohn von John Egerton, Bischof von Durham (30.11.1721-18.6.1787) und Anne-Sophia de Grey (-24.3.1780). Dieses Exlibris entstand also nach dem Aussterben des Titels und bildet das Familienwappen der Egerton ab.

Die Besitzungen der Egerton wurden von den Cust, Earls (und Barons Brownlow) beerbt. Andere Zweige der weitläufig verzweigten Familie bestehen bis heute, u. a. sind sie in einer Linie Duke of Sutherland. Dieses Exlibris wurde vermutlich von dem 3. Earl of Ellesmere in Auftrag gegeben, was sich aus der Jahreszahl schließen läßt, denn Francis Charles Granville Egerton, 3rd Earl of Ellesmere lebte 1847&ndash1914. Das Wappen der erloschenen Eigner wurde aus Erinnerung und Respekt gewählt, so wie auch der erste Earl selber den Namen Egerton annahm, geboren wurde er als Lord Francis Leveson-Gower, daraus wurde Francis Egerton, 1st Earl of Ellesmere. Auch Bridgewater House in Westminster erhielt diesen Namen aus Erinnerung erst 1854, also ebenfalls nach Erlöschen der Familie.

Die Bridgewater-Bibliothek, eine der ältesten englischen Familienbibliotheken, die bis in die Zeit um 1600 zurückreicht und von Lord Chancellor Sir Thomas Egerton (1540-1617), Baron Ellesmere and Viscount Brackley, gegründet wurde, dessen zweiter Sohn John Egerton (1579-1649) zwei Monate nach des Vaters Ableben der erste Earl of Bridgewater wurde, wurde 1917 an Henry Huntington verkauft, und sie bildet heute, bis auf den Verkauf von Dubletten noch weitgehend zusammenhängend, das Herzstück der Sammlungen aus der elisabethanischen und frühen Stuart-Zeit der Huntington Library (San Marino, Kalifornien, USA).

Das Wappen zeigt in Silber einen roten Löwen zwischen drei (2:1) schwarzen, gestürzten Pfeilspitzen, auf dem Helm auf einem flachen, roten, hermelingestulpten Hut ein roter Löwe, einen gestürzten, silbernen, golden geschäfteten Pfeil pfahlweise haltend. Die Devise lautet "SIC DONEC". Der englische Blason wäre: Argent, a lion rampant gules, between three pheons sable. On a chapeau gules, turned up ermine, a lion rampant of the first, supporting an arrow erect or, headed and feathered argent. Der Schild wird von zwei Schildhaltern gehalten, rechts ein Pferd, links ein Greif, beide mit Halskrone. Auf dem Schild ruht zwischen Schildrand und Helm eine fünfperlige Rangkrone, eine in der deutschen Heraldik nicht als guter Stil betrachtete Praxis. Weiterhin fällt hier aus heraldisch-stilistischen Gründen negativ auf, daß die Helmdecke keine Helmdecke ist, sondern ein Wappenmantel, an den beiden oberen Ecken mit einer Schnur gerafft und innen mit natürlichem Hermelin verbrämt. Guter Stil wäre in der klassischen deutschen Heraldik entweder eine Helmdecke zum Helm oder ein Wappenmantel zur Rangkrone. Dies sind nur einige Beispiele für die Besonderheiten später britischer Heraldik, die ihr ganz eigenes ästhetisches Paradigma besitzt.

Exlibris von Charles William Sherborn:
Ein heraldisches Exlibris aus dem Jahr 1884, entworfen von Charles William Sherborn (1831-1912) für Hugh Duke of Westminster. Das ist Hugh Lupus Grosvenor, 3rd Marquess of Westminster und seit dem 27.2.1874 der 1st Duke of Westminster, Träger eines von Queen Victoria neu geschaffenen Adelstitels (13.10.1825-22.12.1899), Sohn von Richard Grosvenor 2nd Marquess of Westminster (27.1.1795 - 31.10.1869) und Lady Elizabeth Marie Leveson-Gower (8.11.1797-11.11.1891). Die Grosvenor wurden 1761 Baron Grosvenor, 1784 sowohl Viscount Belgrave (Belgrave in der County of Chester) als auch Earl Grosvenor und 1831 Marquess of Westminster. Der jeweils älteste Sohn eines Dukes of Westminster ist jeweils der Earl Grosvenor.

Hugh war zweimal vermählt, in erster Ehe 1 mit Lady Constance Gertrude Sutherland-Leveson-Gower (16.6.1834-19.12.1880) und in zweiter Ehe mit Hon. Katherine Caroline Cavendish (1857-19.12.1941). Sein Nachfolger als 2nd Duke of Westminster wurde sein Enkel Hugh Richard Arthur Grosvenor (19.3.1879-20.7.1953), Sohn seines Erstgeborenen Victor Alexander Grosvenor Earl Grosvenor (28.4.1853-22.1.1884). Der angegebene Ort Eaton ist Eaton Hall, der 4000 ha-Landsitz der Familie seit dem 15. Jh. mit schloßartigen Gebäuden aus dem 17.-20. Jh. bei Eccleston, Cheshire.

Den Titel gibt es auch heute noch, der vorletzte Träger war Gerald Cavendish Grosvenor, 6th Duke of Westminster, geb. 1951, einer der vermögendsten Immobilienbesitzer Englands. Der gegenwärtige 7th Duke ist seit 2016 sein Sohn Hugh Grosvenor, geb. 29.1.1991, zuvor Earl Grosvenor.

Das eigentliche Stammwappen der Familie ist in Blau eine goldene Getreidegarbe (Grosvenor), hier in den Feldern 2 und 3 zu sehen, auf dem blau-golden bewulsteten Helm mit blau-goldenen Decken eine goldene Bracke. Diese goldene Bracke begegnet uns ferner zweimal als Schildhalter, widersehend und mit blauem Halsband. Hier haben wir jedoch das vermehrte herzogliche Wappen vor uns: In den Feldern 1 und 4 sehen wir in Blau ein goldenes Fallgatter mit hängenden Ketten (Portcullis) unter einem zweimal gespaltenen Schildhaupt, rechts und links in Gold eine doppelte, außen rote, innen silberne Rose (Tudorrose), in der Mitte in Blau ein schwebendes goldenes Dreilappenkreuz, begleitet von fünf (2:2:1) goldenen gestümmelten Vögeln oder Merletten (Symbol von König Edward dem Bekenner). Das Kreuz mit den Merletten ist übrigens nicht nur das Symbol für den ersten in Westminster lebenden englischen König, sondern auch für Westminster Abbey. Die doppelte Rose, aus der Vereinigung der Häuser Lancaster und York entstanden, ist das Symbol (Badge) der Tudor-Dynastie, unter der Westminster als Regierungs- und vor allem als Parlamentssitz große Bedeutung erlangte, und das Portcullis ist das Badge der Beaufort und ein weiteres überall in Westminster anzutreffendes Symbol. Insgesamt bildet das ganze Feld das alte Wappen der City of Westminster. Der englische Blason lautet: Quarterly, 1st and 4th: azure a portcullis with chains pendant or on a chief of the last between two united roses argent upon gules (united roses of York and Lancaster) a pallet azure thereon a cross flory between five martlets or (being the symbol of king Edward the Confessor) (the entire quarter being the old arms of the City of Westminster), 2nd and 3rd: azure a garb or (Grosvenor). Crest: a talbot statant or; supporters: on either side a talbot reguardant or collared azure. Das Motto lautet "Virtus Non Stemma", die Kurzform von "Nobilitatis virtus non stemma character", und bedeutet soviel wie, daß Tugend, nicht Abstammung wahren Adel ausmacht. Um den Schild sehen wir das Band des Hosenbandordens, ganz unten den Hl. Georg. Der Besitzer des Exlibris, Hugh, war also, um vollständig zu bleiben, 1st Duke of Westminster, Earl Grosvenor, Viscount Belgrave, 3rd Marquess of Westminster, Baron Grosvenor, Knight of the Garter.

Darstellung von unbekanntem Künstler:
Dieses Blatt ist für den Earl Grosvenor ohne die vorgenannte Vermehrung. Zu sehen ist das reine Stammwappen wie beschrieben, mit einer über dem Schild schwebenden Rangkrone eines britischen Earls. Alle anderen Inhalte entsprechen den oben vorgestellten Motiven. Das Blatt (Exlibris?) ist ohne Datierung und ohne Künstlersignatur.

 

Exlibris von Charles William Sherborn:
Ein heraldisches Exlibris aus dem Jahr 1902, entworfen von Charles William Sherborn (1831-1912) - monogrammiert "C.W.S. R.E." - für Sir Clinton Edward Dawkins K.C.B. (1859-2.12.1905). Der Eigner war Staatsdiener im Finanzbereich, zuletzt für Lord Curzon, Generalgouverneur von Indien, danach war er als Geschäftsmann und Teilhaber von J. S. Morgan & Co. tätig. K.C.B. steht für Knight Commander of the Order of the Bath, die zweithöchste Klasse dieses staatlichen Verdienstordens, diese Ehrung wurde ihm 1902 zuteil und war wie üblich mit der Erhebung in den persönlichen Adelsstand verbunden. Er war vermählt mit Louise Johnston. In nicht direkter Linie stammt von ihm der bekanntere Richard Dawkins ab. Neben dem Schild ist eine interessante Auswahl an Literatur aufgebaut, Homer, Shakespeare und Don Quixotte. Interessanterweise gab es von diesem Blatt auch eine vorherige Version mit einer Fehlgravur des Datums als 1092 statt 1902.

Das Wappen hat eine unglückliche Aufteilung, die zu unharmonischen Streckungen und Stauchungen der gemeinen Figuren einerseits und Leerflächen andererseits führt, sowie zur Disproportion vergleichbarer Motive, wie ganz deutlich bei den Löwen zu sehen ist. Eine graphisch unbefriedigende Wappenverleihung des frühen 19. Jh., wo in der Mitte ausgerechnet das breiteste Motiv an die engste Stelle gesetzt wurde. Dennoch in der kunsthandwerklichen Ausführung hervorragend und von ausgesuchter Feinheit. Zwischen zwei goldenen, je mit einem schwarzen Löwen belegten Bogenflanken in Rot ein schreitender, hersehender Löwe zwischen zwei silbernen Rosen, alles pfahlweise übereinander und überhöht von einem silbernen, fünfzackigen Stern. Auf dem bewulsteten Helm ein wachsender nackter, angewinkelter Arm mit einer Streitaxt, deren Blatt mit einer roten Rose belegt ist (Tinkturen gemäß der Schraffur). Die Devise lautet: Strike, Dawkins, Strike, was zu dem Arm mit der Streitaxt paßt.

Exlibris von George William Eve:
Im folgenden sei eine Serie von insgesamt vier heraldischen Exlibris vorgestellt, die alle der gleichen Familie zugehörig sind. Das erste dieser Exlibris wurde 1897 entworfen von George William Eve (1855-1914) für Joseph Jackson Howard (12.4.1827-18.4.1902). Der Eigner wurde am 26.11.1887 Maltravers Herald Extraordinary (dieser Titel wurde sogar speziell für ihn durch den Earl Marshall geschaffen, der gleichzeitig der Herzog von Norfolk und der Baron Maltravers ist und die Oberaufsicht über das College of Arms und die Herolde führt), und er war Autor der "Visitation of England and Wales" und der "Visitation of Ireland" (beide mit vielen Exlibris-Abbildungen). Zur Abstammung: Des Eigners Vater war Peter Howard (1787 -1874), ein Weinhändler in Liverpool, und der Großvater war ebenfalls ein Peter Howard (1762 &ndash 1826), der erst in Liverpool das Schiffsbauerhandwerk erlernte und später Verwalter bei einem Liverpooler Kaufmann namens Joseph Jackson (gest. 1815) wurde, der ein großer Gönner und Förderer der Familie wurde. Von diesem Arbeitgeber und Wohltäter sind auch die beiden Vornamen des Exlibrisbesitzers als Zeichen der Dankbarkeit abgeleitet. Der Vater dieses letzten Peter Howard war George Howard (1724 &ndash 1815), Bleichereiarbeiter. Soweit zur Genealogie. Das Wappen (deutsche und englische Blasonierung siehe im folgenden Abschnitt über das Blatt seines Sohnes) wurde Joseph Jackson Howard am 18.12.1893 durch das College of Arms erteilt. Interessanterweise sind die hier im Exlibris korrekt gezeichneten Verflechtungen des Schragens mit der Fensterraute im Wappenbrief von 1893 vom Künstler des College of Arms nicht richtig wiedergegeben worden. Die beiden Kettenglieder der Helmzier im Exlibris entsprechen übrigens nicht der Beschreibung im Wappenbrief.

Die Wappengestaltung spielt auf den Titel des "Maltravers Herald Extraordinary" an: So findet sich in der Helmzier zwischen der rechten Hinterpranke des Löwen und dem Wulst eingeklemmt eine SS-förmige Struktur, zwei Glieder einer Amtskette, wie sie der Herold bei offiziellen Anlässen trägt. Im Schild ist die Fensterraute, mit einem schwebenden Schragen verflochten (engl. "fret"), dieses Element entstammt dem Wappen der Familie Maltravers (sable a fret or). Durch John, Earl of Arundel, kam der Titel "Baron Maltravers" an die Howard, Herzöge von Norfolk. Das Wappen dieses John, Earl of Arundel, war "sable a fret or and a label of the points ermine". In der Helmzier ist das Element zwischen den Vorderpranken des Löwen wiederzufinden. Und dieses goldene Zeichen ist auch das Badge des Maltravers Herald.

Bevor dieses Wappen gestiftet und beim College of Arms eingetragen wurde, benutzte Joseph Jackson Howard das Wappen der Familie "Howard of Lancashire", gestalterisch sehr nah an von einigen adligen Mitgliedern der Familie Howard geführten Wappen, was jedoch einer Berechtigung entbehrte, denn Joseph Jackson Howard hat genealogisch nichts mit den "anderen" Howard zu tun. Von ihm gibt es ein solches Exlibris, in rotem, mit silbernen Steckkreuzchen bestreutem Feld ein silberner, im rechten Obereck mit einem goldenen Ring belegter Schrägrechtsbalken, Helmzier ein Löwe mit einem der Steckkreuzchen zwischen den Vorderpranken.

Am oberen Rand des Blattes ist die "CREDO CHRISTI CRVCE" - ich glaube an das Kreuz Christi - zu lesen. Auf der rechten Seite bedeuten die Buchstaben "FSA" Fellow of the Society of Antiquaries of London (Londoner Gesellschaft für Altertumsforscher, eine britische Fachgesellschaft für Denkmalpflege und Geschichtswissenschaften mit Sitz im Burlington House am Picadilly). Die Abkürzung "LLD" steht für Legum Doctor, wobei die Verdopplung sich am besten mit einem Doktor beider Rechte übersetzen läßt, kanonischem und zivilem Recht, wobei dieser Titel traditionell typisch für die Universität Cambridge war, während Oxford nur den DCL (Doktor zivilen Rechts) vergibt.

Im unteren Bereich des schmalrechteckigen Blattes ist ein Teil der Herolds-Amtskette wiedergegeben, zwischen jeweils zwei oben und unten mit kleinen Kettengliedern verbundenen S-förmigen großen Kettengliedern ist eine Krone befestigt, unter der fächerförmig ein Kleeblatt für Irland, eine doppellagige Tudor-Rose für England und eine Distelblüte für Schottland über dem Schriftband "DIEU ET MON DROIT" (Motto der britischen Monarchen seit Heinrich V.) vereint sind. Genau dieses Mittelstück enthält auch die in Familienbesitz befindliche, originale Amtskette. Der Vergleich zeigt, daß die originalen Kettenglieder stärker verziert sind als hier dargestellt, in der Mitte hat jedes S eine blätterartige Verzierung beiderseits einer Rundung, auch sind die Enden der Bögen frei und ohne die hier gezeichneten serifenartigen Fortsätze, vielmehr blattartig eingerollt. Durch die Lage unter dem Schildrand ist die Krone hier auch etwas gedrückt, was vor allem im Vergleich mit dem besser proportionierten Original auffällt. Das Künstlermonogramm, eine Ligatur aus den Initialen CWE, befindet sich zwischen den beiden optisch linken Kettengliedern, die Datierung auf der anderen Seite, ebenfalls mittig zwischen den beiden dortigen Kettengliedern.

Zum Maltravers Herald Extraordinary sei noch angemerkt, daß er kein Bestandteil der Struktur des Londoner College of Arms und kein Mitglied desselben ist, sondern eben "extraordinary", wie auch der Arundel Herald, der Beaumont Herald, der Wales Herald, der Surrey Herald oder auch der Norfolk Herald. Der Maltravers Herald ist damit ein königlicher Herold. Amt und Name leiten sich von einem Persevanten des Lord Maltravers ab, als dieser 1540-1544 Calais verwaltete. Der gegenwärtige Amtsinhaber ist John Martin Robinson, vorher Fitzalan Pursuivant Extraordinary (ebenso ein Rang, der nicht dem College of Arms untersteht, sondern ein königlicher Persevant).

Joseph Jackson Howard war ferner Mitbegründer der genealogisch-heraldischen Gesellschaft "Harleian Society", die sich als Herausgeber von Fachpublikationen einen Namen gemacht hat und heute unter dem Obhut des College of Arms agiert. Neben seinen bereits oben erwähnten Werken veröffentlichte der Eigner dieses Blattes weitere Fachpublikationen wie "The Wardour Press Series of Armorial Bookplates &ndash Baronets", das von ihm selbst 1866 begründete Periodikum "Miscellanea Genealogica et Heraldica" (wurde bis 1938 weitergeführt) und gemeinsam mit H. Farnham Burke "Examples of Irish Bookplates". Alle Publikationen enthalten reichhaltiges Abbildungsmaterial aus seiner eigenen bedeutenden Exlibris-Sammlung (mit mehr als 16800 Blättern), die nach seinem Tod vom Auktionshaus Puttick & Simpson veräußert wurde.

Exlibris von George William Eve:
Das zweite heraldische Exlibris dieser Serie stammt aus dem Jahr 1901 und wurde ebenfalls entworfen von George William Eve (1855-1914), aber nun für den Sohn des Vorgenannten, für Arthur Dashwood Howard (31.5.1866-19.5.1926). Das Künstlermonogramm befindet sich am optisch linken Rand in ca. 2/3 Höhe, sehr schwer zu erkennen, unter der Devise "CREDO CHRISTI CRVCE" - ich glaube an das Kreuz Christi. Gegenüber ist die Jahreszahl rechts unterhalb der Abkürzung "M.D" zu finden (Medicinae Doctor). Arthur Dashwood Howard war der Sohn des zuvor besprochenen Joseph Jackson Howard (12.4.1827-18.4.1902). Arthur hatte im Gegensatz zu seinem Vater, der Jurist war, Medizin studiert.

Das Wappen zeigt in Rot einen mit drei grünen Ringen belegten goldenen Schrägbalken, oben begleitet von einer goldenen Fensterraute, die mit einem schwebenden, ebensolchen Schragen verflochten ist, unten von einem widergekreuzten, goldenen, griechischen Kreuz. Die englische Blasonierung des Schildes lautet: Gules, on a bend or, between a fret couped in chief and a cross-crosslet in base, both of the last, three annulets vert. Auf dem bewulsteten Helm ein stehender natürlicher Löwe, zwischen den Vorderpranken die goldene Fensterraute mit dem eingeflochtenen Schragen wie im Schild, auf dem Körper belegt mit zwei grünen Ringen übereinander, den rechten Hinterlauf auf zwei silberne Glieder einer Amtskette stützend. Die englische Blasonierung der Helmzier (crest) lautet: On a wreath of the colours, a lion rampant proper, charged on the body with two annulets in pale vert, holding between the paws a fret as in the arms, and resting the dexter hind paw on two S's as linked in the herald's collar argent.

Wie kam es zu dem Namen Dashwood? Eine Verwandtschaft mit der gleichnamigen Familie besteht mitnichten. Joseph Jackson Howard (12.4.1827-18.4.1902) war eng befreundet mit George Henry Dashwood (1801-1869), einem anglikanischen Priester, der auch Pate von Arthur Dashwood Howard war. Leider war das befreundete Paar nicht mit eigenen Kindern gesegnet, und so gab Joseph Jackson Howard seinem Sohn Arthur den zweiten Vornamen Dashwood, als Hommage an den Paten und Familienfreund. Als ihr erstes Kind 1909 geboren wurde, ließen Arthur Dashwood Howard und seine Frau bei der Registrierung der Geburt ihren Nachnamen und damit den Nachnamen des Kindes als Dashwood-Howard eintragen. Der doppelte Nachname wurde danach in allen standesamtlichen Dokumenten geführt.

Zwei weitere Exlibris der Familie Dashwood Howard:
Abb. links: Dieses undatierte und nicht signierte Exlibris ist ebenfalls für Arthur Dashwood Howard (31.5.1866-19.5.1926), Blasonierung etc. siehe obigen Eintrag. Es stammt jedenfalls aus der Zeit vor der Beauftragung des Künstlers George William Eve mit den beiden oben vorgestellten Blättern, nach Familienüberlieferung aus der Zeit ca. 1893-1895, als der Eigner Schiffsarzt bei der Peninsular & Oriental Steam Navigation Co. war, vermutlich hat er es während seiner Zeit in Shanghai machen lassen.

Abb. rechts: Hier erreichen wir die dritte Generation der Familie: Arthur Maltravers Dashwood-Howard (1911-1998) ist der Sohn von Arthur Dashwood Howard (s. o.) und der Enkel von Joseph Jackson Howard (s. o.). Die Entstehung des Doppelnamens Dashwood-Howard wurde bei seinem Vater erläutert, der Name Maltravers bezieht sich auf das Heroldsamt seines Großvaters. Die Künstlerin ist Ula Dashwood-Howard, die ältere Schwester des Eigners, das Entstehungsjahr ist 1930. Signatur und Datierung sind heraldisch rechts auf dem hinten liegenden Band zwischen "Arthur" und "Maltravers" zu sehen. Deutlich ist zu erkennen, daß als Vorbild für Schild, Helm und Helmzier das zuerst vorgestellte Eve-Kunstwerk diente (s. o.). Die nicht den heraldischen Konventionen entsprechenden floralen Helmdecken sind eine Eigenkreation der Künstlerin, die in besonderem Maße dem Wunsch des Stifters, der 1929-1936 zur See fuhr, entsprach, nautische Elemente mit in die Komposition aufzunehmen, was das Exlibris insgesamt mit Motiven überladen erscheinen läßt. Im einzelnen finden wir: Heraldisch oben rechts ist das Zeichen der Seekadettenschule Nautical College Pangbourne, die der Eigner besucht hatte. Es zeigt ein kreisförmiges Medaillon mit Dreimaster mit einem mit Masten und Schiffsteilen besteckten Kronreif darüber, unten die Devise "Fortiter ac Fideliter". Das heute verwendete Zeichen ist fast gleich, nur befindet sich das Motto auf dem kreisförmigen Rahmen, der hier mit einem Tau belegt ist. Heraldisch links oben ist das Schiffssteuerrad als altes nautisches Symbol, dahinter zwei silbern-blau gespaltene Hausflaggen der 1801 in Whitehaven gegründeten, 1819 nach Liverpool verlegten und bis 1983 bestehenden Reederei Thomas & John Brocklebank Ltd., für die der Eigner des Blattes fuhr. Ansonsten ist das ganze Exlibris sehr stark von der Seefahrt geprägt, der Dreimaster unten, das in vier Schlaufen gelegte Tau als Rahmen, der Sextant hinter dem oberen Devisenband. Der Eigner zog sich nach 1936 aus der Seefahrt zurück, heiratete und ging in die metallurgische Industrie.

Exlibris des Clans Robertson von unbekanntem Künstler:
Dieses ist das Exlibris der Familie Robertson, ein schottischer Clan aus der Gegend von Perth. Und es enthält als Besonderheit eine echte Skurriliät, eine so außergewöhnliche Wappen"verbesserung", wie sie kein zweites Mal auftritt. Dieses Wappen (in Rot drei (2:1) abgerissene silberne Wolfsköpfe, gules, three wolves' heads erased argent) ist nur korrekt und vollständig wiedergegeben mit dem unten querliegenden Gefangenen in Ketten. Dieser gehört zum Wappen selbst dazu!

Warum nur? Wir begeben uns in das Jahr 1437, König Jakob (James) I. von Schottland (10.12.1394-21.2.1437) war gerade bei einer Adelsrevolte ermordet worden. Das war sowieso ein besonders unglücklicher König, denn er war zwar ab 1406 nominell König, nachdem sein Bruder in einem Kerker verhungert war, de facto aber 18 lange Jahre Gefangener des englischen Kollegen in Windsor. 1420 wurde er gegen Lösegeld, mit dessen Zahlung man sich von schottischer Seite aus reichlich Zeit gelassen hatte, freigelassen und 1424 in Schottland gekrönt. Sein Ende war wenig beschaulich, er versuchte zwar dem Anschlag auf sein Leben durch die Kloaken zu entkommen, steckte wegen eines vermauerten Ausgangs zwei Tage in der Brühe fest, bis man ihn fand und endlich umbrachte. Der Clanchef der MacDonn(a)chaidh (= Sohn des Duncan = Duncanson), Robert "Riabhach" Duncanson, war ein Parteigänger des ermordeten Königs, und er wußte eine heiße Spur, wohin die Mörder desselben entwischt waren, und er ließ sie jagen und fangen. Zwei davon, Sir Robert Graham und Walter Stewart, der Earl of Atholl und immerhin sogar der Onkel des Ermordeten, wurden auf ziemlich üble Weise auf dem Grasmarkt in Edinburgh von der Witwe, Joan Beaufort, vom Diesseits ins Jenseits befördert.

Der Donnachaidh-Clan wurde in Person des 4. Clanchiefs vom neuen König Jakob (James) II. (16.10.1430-3.8.1460) am 15.8.1451 für diese Unterstützung durch eine Wappenverbesserung belohnt: Die Helmzier war nun auf dem rot-silbern bewulsteten Helm mit ebensolchen Decken eine wachsende natürliche Rechtshand, die die königlich schottische Krone emporhält (a dexter hand erect, supporting a regal crown), und der Gefangene unter dem Schild kam hinzu, "a savage man prostrate and in chains". Diese gänzlich ungewöhnliche Ergänzung unter dem Schild ist zwar nicht ästhetisch, aber in ihrer Art singulär. Von der Rolle her dürfte diese ungewöhnliche Ergänzung am ehesten mit einem Schildhalter vergleichbar sein. In Erinnerung an die königstreue Tat des Clanchefs Robert wurde auch der Clan-Name von Donnchaidh (auch Donnachaidh) in Robertson geändert. Der Grundbesitz wurde zur Baronie erhoben (Robertson of Struan, neben diversen anderen Linien). Die Devise lautet "Virtutis gloria merces".

Literatur, Quellen und Links:
Deutsche Exlibris-Gesellschaft: http://www.exlibris-deg.de/
Herrn Stephen Slater ein herzliches Dankeschön für wertvolle Informationen und Erläuterungen und für das Exlibris von
Arthur Dashwood Howard von Eve.
Herrn Stephen Tabor, Curator of Early Printed Books, Huntington Library, ein herzliches Dankeschön für wertvolle Informationen.
Herrn Douglas Dashwood-Howard ein herzliches Dankeschön für viele wertvolle Informationen und Erläuterungen, die englische Blasonierung sowie für die anderen drei der vier Howard-Exlibris.
Clan Robertson: The general armory of England, Scotland, Ireland, and Wales, von Sir Bernard Burke
Clan Robertson: Herrn
Stephen Slater ein herzliches Dankeschön für wertvolle Informationen und Erläuterungen und für das Exlibris selbst.
Dawkins:
http://en.wikipedia.org/wiki/Clinton_Edward_Dawkins
Bridgewater Library:
http://sunsite3.berkeley.edu/hehweb/elmss.html

Exlibris (01) - (02) - (03) - (04) - (05) - (06) - (07) - (08) - (09) - (10) - (11) - (12) - (13) - (14) - (15) - (16) - (17) - (18) - (19) - (20)
Exlibris (21) - (22) - (23) - (24) - (25) - (26) - (27) - (28) - (29) - (30) - (31) - (32) - (33) - (34) - (35) - (36) - (37) - (38) - (39) - (40)
Exlibris (41) - (42) - (43) - (44) - (45) - (46) - (47) - (48) - (49) - (50) - (51) - (52) - (53) - (54) - (55) - (56) - (57) - (58) - (59) - (60)
Exlibris (61) - (62) - (63) - (64) - (65) - (66) - (67) - (68) - (69) - (70) - (71) - (72) - (73) - (74) - (75) - (76) - (77) - (78) - (79) - (80)
Französische Exlibris (1) - (2) - (3) - (4) - Italienische Exlibris (1) - belgische Exlibris (1) - portugiesische Exlibris (1)
Britische Exlibris (1) - (2) - (3) - (4) - (5) - (6) - (7) - (8) - (9) - (10) - (11) - (12) - (13) - (14) - (15) - (16)
spanische Exlibris (1)
Signaturen von Künstlern und Heraldikern

Übersicht

Home

© Copyright / Urheberrecht am Text und Datenbank: Bernhard Peter 2012
Die Abb. sind selbst angefertigte Scans historischer, aufgrund ihres Alters gemeinfreier Originale.
Sofern bekannt, ist der Urheber bei der jeweiligen historischen Graphik angegeben.
Impressum